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22.08.2022

Erzählcafé - Jüdisches Leben damals und heute


von Wolfgang Böttner

Brigitte Maniatis hatte wieder zum Erzählcafé in den Innenhof des Museums im Ritterhaus eingeladen. Drei Mitglieder der liberalen jüdischen Gemeinde Göttingen erzählten ihre Geschichte und beantworteten zahlreiche Fragen aus dem Publikum. Für musikalische Begleitung sorgten Richard Chajec (Gitarre), Christina Esser (Akkordeon) und Brigitte Maniatis (Gesang) mit jüdischen Liedern. 

Dr. Katja Langenbach (92) wurde in Hamburg-Blankenese geboren und besuchte dort die Schule. Ihr Vater, Jacob Lurie, ein Zahnarzt, hat sich  Ende 1938 das Leben genommen, weil er als Jude fürchtete, von den Nazis verfolgt zu werden. Danach ist Katja Langenbach mit ihrer christlichen Mutter in die Hamburger Innenstadt gezogen und besuchte bis 1942, bis es möglich war, die Oberschule. Hier erlebte sie als Halbjüdin von Lehrern und Mitschülern die ersten Anfeindungen. Nach Kriegsende machte sie doch ihr Abitur. Sie studierte Veterinärmedizin und Chemie und arbeitete in der Hormonforschung. Sie hat zwei Töchter und lebt in Göttingen. 

Vor einigen Tagen erschien in der taz mit Katja Langenbach und Reinhard Wernicke (93) , Nachbar und Schulfreund in Blankenese, ein ausfühliches Interview mit dem Titel: Schulfreunde über die Nazizeit: "Der Krieg hat alles zerstört". Hier kann man noch einmal die Geschichte von Dr. Katja Langenbach  nachlesen.

Irene und Howard Schultens gehören ebenfalls der liberalen jüdischen Gemeinde  Göttingen an. Die gebürtigen US-Amerikaner waren auf einer Weltreise 1964 in Göttingen gelandet. In den USA habe es in den 50er Jahren noch Studienplatzbeschränkungen für Juden gegeben. In Deutschland hatten sie uneingeschränkt studieren können.

Die jüdische Gemeinde Göttingen wurde 1994 wieder belebt. Die Nazis hatten vergessen, die Gemeinde aus dem Vereinsregister zu streichen, daher war eine Neugründung nicht notwendig. Heute hat die Gemeinde ca. 150 Mitglieder. 90 Prozent von ihnen kommen aus der ehemaligen Sowjetunion. Die restlichen 10 Prozent sind Jüdinnen und Juden aus Deutschland, Israel, USA und anderen Ländern. Die Göttinger Gemeinde wird von einer Rabbinerin geleitet. 

Das Judentum ist keineswegs ein einheitlicher Begriff. Es gibt verschiedene Richtungen. Die Göttinger Liberalen haben andere Rituale als streng Orthodoxe. Aber ein großes Feierbedürfnis. Es ist ein Anliegen der Gemeinde das Judentum sichtbar zu machen. Dazu gibt es immer wieder Veranstaltungen mit den verschiedenen Themen:

  • die Tora als Grundlage der Religion und vieler Traditionen
  • die Gesetze und Richtlinien in der Tora, die für unseren Glauben wichtig sind
  • religiöse Feste und Feiertage
  • den jüdischen Kalender
  • jüdische Geschichte

Von der Veranstaltung im Museum soll der Mitschnitt auf einer CD unter www.vergissmeinnicht-oha.de herausgegeben werden, wie Frau Maniatis ankündigte.


Irene Schultens, Dr. Katja Langenbach und Howard Schultens

Richard Chajec, Christina Esser und Brigitte Maniatis

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:







Dr. Katja Langenbach



Ehepaar Schultens

 

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