Regionales / Harz

17.08.2022

Ein Eismohr auf dem Bergbauernmarkt


Ein Kommentar von Christian Dolle

Der Bergbauernmarkt in Clausthal-Zellerfeld ist eine tolle Veranstaltung. Kunsthandwerkliche und kulinarische Angebote, immer gut besucht, dabei entspannt und ein echt toller Ausflugstipp für Einheimische wie auch Touristen. Jeden Donnerstagabend findet er von 17 bis 21 Uhr in der Bornhardstraße in Zellerfeld statt und lohnt sich auf jeden Fall. 

Am vergangenen Donnerstag gab es unter anderem allerlei Gewürze, Modellautos aus Blech, Huggy Wuggy-Figuren und eben auch Eis. Soft-Eis, um genau zu sein, in einer Variante auch mit Schokolade überzogen. Gab es früher schon. Damals hieß das „Eismohr“. Auf dem Bergbauernmarkt heißt es auch heute noch so. Muss das sein?

Oh nein, jetzt wird aus diesem netten Text über einen wunderschönen Markt so ein wokes Gemecker über Begrifflichkeiten, die „man heute nicht mehr sagen darf“. Zunächst vorweg: Doch, darf man sagen, darf man sogar auf ein Werbeschild am Eisstand schreiben. Aber meckern darf ich auch, denn auch wenn das Eis wirklich lecker war, stößt mir die Bezeichnung dafür extrem sauer auf. 

Der Begriff „Mohr“ ist eine ganz klar rassistisch diskriminierende Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Zwar stammt das Wort nicht wie etwa das in diesem Zusammenhang vielzitierte N-Wort aus der Kolonialzeit, sondern ist deutlich älter, doch auch im Mittelalter schon wurde Mohr zum Teil mit dem Teufel gleichgesetzt, den man sich mit dunkler Hautfarbe vorstellte. Es bedient Stereotype und hat somit einen Bedeutungswandel erfahren, dass selbst eine Schokoladenmarke den Mohren schließlich nicht mehr im Logo verwendete.

Nun soll an dieser Stelle nicht auf einen Eisverkäufer eingedroschen werden, der Vanilleeis mit Schokoladenüberzug unter dieser Bezeichnung verkauft. Sowas halte ich in der gesamten Diskussion um Alltagsrassismus und diskriminierende Sprache selten für zielführend. Andererseits halte ich es aber für wichtig, auf die Problematik aufmerksam zu machen und ein Schild wie dieses nicht kommentarlos hinzunehmen. 

Es geht hier nicht darum, jemandem vorzuschreiben, wie er zu sprechen hat, es soll niemand gecancelt werden, es geht auch nicht darum, Kinderbücher umzuschreiben, weil sich bestimmte Kontexte verändert haben. Doch Alltagsrassismus begegnet uns immer wieder, verletzt viele Menschen in unserer Gesellschaft, bestätigt Vorbehalte, die einzig und allein einer deutlich überholten Weltanschauung entstammen. Daher halte ich es für nötig, dass wir uns dessen bewusst werden, es ansprechen und darüber nachdenken, ob ein solches Werbeschild es wert ist, dass People of Color sich ausgegrenzt, beleidigt, rassistisch diskriminiert fühlen.

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