22.07.2022
Es wird wieder dunkel auf dem Berg
Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung in Betrieb genommen
...Wilhelm Sonntag
Schwiegershausen/Hattorf: 2016 wurde auf dem Hattorfer Berg ein Windpark mit 6 Anlagen errichtet. Weil mit der Gesamthöhe je Anlage die 100m-Grenze überschritten wurde, mussten sie mit einer Tag- und Nachtbefeuerung nach den Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes ausgerüstet werden.
Tagsüber blinken die Anlagen seitdem mit weißem Licht und in der Nacht mit rotem Licht. Zusätzlich sind die Türme noch jeweils mit zwei Beleuchtungsebenen versehen. Die nächtliche Illumination hat in der Einwohnerschaft der umliegenden Dörfer nicht unbedingt zur Freude beigetragen. Einige fühlten sich durch das ständige Blinken in der Nacht belästigt.
Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und 2019 verfügt, dass es Abhilfe dafür geben muss. Alle neu zu errichtende Windkraftanlagen und alle bestehenden Anlagen sind bis zum 31.12.2022 technisch umzurüsten. Sie dürfen nachts nur noch blinken, wenn sich ein Luftfahrzeug (Flugzeug/Hubschrauber) nähert.
Dass die Lichter nachts nunmehr auf dem Berg dunkel bleiben, hat also nichts mit den allgemeinen Energiesparmaßnahmen zu tun.
Technisch gibt es mehrere Möglichkeiten, die gesetzlichen Vorgaben der EEG-Novelle von 2019 umzusetzen. Die Betreiber des Windparks auf dem Hattorfer Berg haben sich für die umweltfreundliche Transponder-Lösung von der Firma Lanthan Safe Sky entschieden. Die Steuerung ist so eingestellt, dass nach Ende der so genannten „bürgerlichen Dämmerung“ die roten Leuchten abgeschaltet werden. Der jeweilige Zeitpunkt ist vorprogrammiert, richtet sich also nicht nach den ebenfalls an den Windkraftanlagen eingebauten Lichtsensoren, die für die Schattenabschaltung und das Umschalten von Tag- auf Nachtbefeuerung benötigt werden.
Im Windpark ist an einer Windkraftanlage ein Transponder installiert, der bis zu einer Entfernung von 10 km Flugobjekte erkennt, die bis zu einer Höhe von 600 m im niedrigen Luftraum fliegen.
Nur für diesen Fall wird die gesamte Nachtbefeuerung angeschaltet und wieder ausgeschaltet, wenn das Flugobjekt den 10km-Radius wieder verlassen hat. Die Transponder funktionieren ähnlich wie ein Bewegungsmelder. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, per Radar die Flugobjekte zu orten. Die Radartechnik ist jedoch in gesundheitlicher Sicht umstritten.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich nachts Flugzeuge oder Hubschrauber dem Windpark nähern. Und daher wird es wohl überwiegend dunkel auf dem Hattorfer Berg bleiben.
Weil insgesamt mit einem vermehrten Zubau von Windkraftanlagen zu rechnen ist, wird diese Form der Gefahrenabwehr im Luftraum dazu beitragen, die Akzeptanz für Windenergie in der Bevölkerung zu erhöhen.
Bis zum 31.12.2022 sind Betreiber der insgesamt 17.500 betroffenen Windkraftanlagen verpflichtet, die geforderten Maßnahmen umzusetzen.
Schon jetzt ist jedoch absehbar, dass es in Gänze wohl kaum zu schaffen ist, alle Windparks in Deutschland fristgerecht umzurüsten, da Personalmangel und Lieferengpässe dem entgegenstehen. Eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2023 ist wahrscheinlich.
Auch wenn die Umrüstung einen hohen finanziellen Aufwand für den Betreiber bedeutet, die verbesserte Akzeptanz der Windenergie in der Bevölkerung lohnt diesen Einsatz allemal.
Hintergrund:
Stromerzeugung in Bürgerhand: Bürger aus Schwiegershausen und Hattorf betreiben seit Juni 2016 gemeinsam mit der Harz Energie einen Bürgerwindpark zwischen Schwiegershausen und Hattorf. Oberhalb der Mülldeponie des Altkreises Osterode erzeugen sechs Enercon E-115 eine Leistung von bis zu 18 MW, liefern durchschnittlich 36 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr und decken damit rechnerisch den Strombedarf von etwa 10.000 Haushalten.
Über 13.500 Tonnen CO2 erspart der Windpark dem Klima jedes Jahr (ggü. dem Strommix Deutschland). Drei der sechs Windräder sind im Eigentum der Windenergie Hattorfer Berg GmbH & Co. KG, die anderen betreibt der niedersächsische Hersteller Enercon selbst. 16 Millionen Euro investierte die Bürgerwindgesellschaft in das Projekt.
