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10.02.2022

Robin taucht in die Vergangenheit ab, ohne die Zukunft zu vergessen


Robin Sindram vor der Dreschmaschine, die für große Ausregung gesorgt hatte und jetzt langsam wieder funktionsfähig gemacht wird

...von Petra Bordfeld

Er ist 21 Jahre jung und taucht seit geraumer Zeit sehr aktiv und engagiert in die landwirtschaftliche Vergangenheit ein, ohne aber dabei den Blick in die Zukunft zu vergessen. Die Rede ist von Robin Sindram aus Dorste, der zuletzt eine Ausbildung zum staatlich geprüften agrarwirtschaftlich technischen Assistenten absolviert hat und vielen noch mit der ungewöhnlichen Kartoffelernte an der Landstraße, welche von Dorste nach Schwiegershausen führt, in Erinnerung sein dürfte. 

In diesem Jahr will er mit seinen alten Maschinen erneut Erdäpfel setzen. Außerdem ist der Roggen bereits ausgesät und der Hafer soll noch folgen. Auch diesmal möchte er beweisen, dass landwirtschaftliche Maschinen, welche schon fast in Vergessenheit geraten sind, noch immer erfolgreich angewendet werden können. Das Highlight dürfte aber das Dreschfest sein, welches im Rahmen der 1000-Jahrfeier der Ortschaft Dorste im August stattfinden wird.

Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, hauptberuflich in die Landwirtschaft einzusteigen, lässt er durchblicken, dass er auf jeden Fall einen Platz im Agrarsektor finden möchte. „Der Aufbau eines kleinen, nebenerwerblichen landwirtschaftlichen Betriebes mit Direktvermarktung ist aber sehr gut möglich“. Dabei käme die  Beschäftigung mit alten Landmaschinen jedenfalls nicht zu kurz.

Begonnen hat alles aber nicht erst mit der ersten Kartoffelernte, sondern schon viel früher. „Schuld“ daran sind übrigens seine Großväter Dieter Domeier und Artur Sindram, mit denen er sich schon als kleiner Steppke auf den Weg gemacht hatte. Der eine nahm ihn mit in die Werkstatt zu den Traktoren, der andere mit in das Unternehmen, welches sich u.a. in Dorste mit landwirtschaftsnahen Produkten im vor- und nachgelagerten Bereich befasst. 

Fuhr er die ersten Jahre gerne auf dem Trecker des einen Opa und dem sehr guten Freund Henning Jäger mit, juckte es ihn schon als Zehnjähriger in Finger und Füße, selbst so ein Gefährt in Bewegung zu setzen. Als er dann endlich mal auf einer Wiese, auf der Heu eingefahren wurde, selbst das Lenkrad in der Hand und die Gaspedale unter den Füssen nehmen durfte, konnte er den Tag gar nicht abwarten, an dem er 16 Jahre alt werden würde. Denn in dem Alter darf der Führerschein für landwirtschaftliche Fahrzeuge der Klasse „T“ abgelegt werden.

Als er dann auch noch den ersten, von ihm gefahrenen Traktor, einen mittlerweile 58 Jahre alten Hanomag Perfekt 300, „unter seine Fittiche“ genommen hatte, erwischte ihn die Sammelleidenschaft, die bislang nicht abgeklungen ist – im Gegenteil. Denn mit all seinen wieder funktionsfähig gemachten Elementen hat er mittlerweile eine alles andere als kleine Scheune äußerst gut gefüllt. Denn neben dem ersten Trecker sind da ein Gabelheuwender, ein Stoll-Vielfachgerät für den Kartoffelanbau sowie ein Kuxmann Schleuder-Kartoffelroder nicht zu übersehen. Aber auch ein Pflug, der bestens hinter seinen Trecker passt, steht auf dem Hof.

Da die Neuanschaffung auch ausprobiert werden sollte, fand der Test auf einer von Henning Jäger zur Verfügung gestellten „Übungsfläche“ statt. Trotz allem „pflückte“ er das gute Stück vollends auseinander, brachte alles mittels Rostlöser und neuer Farbe in Schuss und durfte sich dann darüber freuen gut 100 Teile wieder richtig zusammengesetzt zu haben. 

Die Suche nach einem Mähbalken, startete anschließend. Per Internet wurde er fündig und funktionierte die Schleppeinrichtung so um, dass sie anstatt von Pferden auch von seinem Trecker gezogen werden kann. Mit ihm startete im Garten, auf etwa 250 m², der Versuch Heu zu machen. Das gut geschnittene und getrocknete Gras fand schnell Abnehmer, auch wenn oder gerade, weil es nicht gepresst war.

Der Hobbylandwirt wollte aber das Heu auch mit einer Maschine zusammenrechen. Also begab er sich erneut auf die Suche, um in Kassel fündig zu werden. Denn dort stand eine Bautz SK 1, eine Heumaschine, die in ihren guten Zeiten wenden und schwaden konnte. „Für schmales Geld habe ich den Haufen Rost erworben, welche der Vorbesitzer mir noch nach Haus brachte“. Obwohl alles festhing und vor Rost „strotze“, schaffte er es, innerhalb eines Monats alles wieder voll gangbar zu bekommen. „Das war bislang die schwierigste Instandsetzung“. Wieder wurde der Garten anschließend zum Versuchsgelände umfunktioniert, Fläche und Gerät haben die Prüfung bestanden.

Bei Einbeck entdeckte er dann ein Vielfachgerät für den Kartoffelanbau, welches einst von Pferden gezogen wurde. Der junge Dorster faszinierte die Technik und kurzerhand nahm dieses Gerät ebenso mit wie einen Kultivator. Die absolute Krönung sei allerdings die Tatsache gewesen, dass es zu dem Gerät im Internet eine vollständige Bedienungsanleitung, sowie Anbauanleitung gab. Für Robin ist es nämlich wichtig, möglichst viel über seine Geräte zu recherchieren und zu wissen, um die Technik einwandfrei benutzen und erklären zu können.

Genau diese Tatsache sollte dazu führen, dass Kartoffeln wie in alten Zeiten angebaut wurden. Nachdem er in der Nachbarschaft eine Fläche zur Kultivierung bekommen hatte, konnte es losgehen.  Als der Beetpflug zum Einsatz kam und die ersten Früchte in die Erde sollten, fragte er seine Freunde Bennet Jäger, Aaron und Fynn Wächter, ob sie mitmachen wollten. Und die überlegten nicht lange, sondern schritten zur Tat.

Auch wenn die Erdäpfel schnell und richtig in ihr Element gebracht wurden, wuchsen nicht nur sie, sondern leider auch das Unkraut. Genau da sollte Robin Sindram in Hattorf einen Kartoffelstriegel finden, der auch als Netzegge bekannt sein dürfte, welcher sich sehr verlässlich diesem Ärgernis annimmt.  Denn auch wenn er den Pflanzenschutzschein in der Tasche hat, möchte er so wenig wie möglich Pflanzenschutzmittel einsetzen und auch eher auf organische Düngung setzen. Als der Trecker mitten in der Vegetation nicht mehr ziehen wollte, wurde sich kurzentschlossen in Gruppen getroffen und die Handhacke gezückt. Mit mehreren Durchgängen wurde so dem Unkraut zu Leibe gerückt.

Atemberaubend sollte es Ende 2021 nicht auf einem Acker, sondern auch der Landstraße werden, welche nach Dorste führt. Denn eine hölzerne, 2,6 Tonnen schwere Dreschmaschine sollte von Gittelde nach Dorste gebracht werden. Als Zugmaschine eignete sich bislang nur der Hanomag. Mit etwa sechs bis acht km/h wurde die gut dreistündige Fahrt in Angriff genommen. Robins Eltern fuhren mit einem PKW hinterher und sicherten die Fahrt mit Warnlicht ab. Bis zum Wehr vor Dorste ging auch alles gut, doch dann fing der Motor an zu klimpern und der Ölverbrauch ging sichtbar durch die Decke. Robin brach den Transport zuliebe der Technik ab. 

Mit dem notwendigen Stopp kam die Frage auf, wie es weiter gehen sollte. Denn moderne Trecker konnten die hölzernen Zeitzeugen nicht direkt weiter transportieren. Die Handys liefen fast heiß, bis Henning Jäger aus dem Urlaub heraus seinen Trecker zur Verfügung stellte. Mit diesem und Jan Armbrecht als Fahrer, wurden dann die defekte antike Zugmaschine und die historische Dreschmaschine zusammen zum Jäger-Grundstück gezogen. Dort wurde diese abgehängt und der defekte Trecker in die Hagenstraße gezogen. Als dann am Tag darauf Peter Ulbrich seinen alten Trecker startete, wurde auch die Dreschmaschine zu Sindrams gezogen, wo sie jetzt aufgerüstet wird.

Die für dieses Jahr geplanten Aktionen sind neben dem Dreschfest auch ein Mitmachprojekt für den Dorster Kindergarten über den Gemüseanbau und der eigene Ausbau der anzubietenden Produkte. Dafür ist mittlerweile auch der größtenteils als „Übungsgelände“ genutzte Garten zur Anbaufläche umfunktioniert worden.  Dort will Robin sich mehr mit Gemüse versuchen. Er baut zwar schon seit geraumer Zeit Gemüse für die Familie an, doch Kunden konnten im vergangenen Jahr schon Kürbisse und Zwiebeln neben den Kartoffeln erwerben. Als der Dorfflohmarkt auf dem Kalender stand, wurden die Produkte erstmals angeboten. Und die Nachfrage zeigte ihm, dass sich auch auf dem Gebiet was machen lässt.

Das überaus positive Ende von diesem Unterfangen dürfte der Hofladen sein, der – wenn alles klappt – vielleicht schon 2023 seine Pforten öffnen wird. Dort kann dann all das, was Robin Sindram selbst anbaut käuflich erworben werden. 

Robin zeigt sich nebenbei auch sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Dort berichtet er unter dem Namen: „Historische_Landtechnik_Dorste“ über seine Anbaumethoden und Restaurationen, zudem sind dort viele Bilder und Videos aus seiner Sammlung und der Arbeit mit den Maschinen zu finden. Interessierte dürfen sich gerne auf Facebook und Instagram der bereits vorhandenen Zuschauerschaft mit einer stolzen Größe anschließen und Robin fast täglich verfolgen.

 

 

 


Egal was es ist, Robin setzt viel daran die Geräte zu erhalten und sie möglichst in den Originalzustand zu versetzen. So auch dieser Pflug mit Dorster Geschichte, der aber nicht mehrzum Einsatz kommen wird

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Robin Sindram auf seinen ersten Trecker, den Hanomag Perfekt 300

Diese Sticker sind auf allen Gerätschaften von Robin Sindram zu finden

Dieser seltene Flügelmäher ist noch voll funktionsfähig

Dieser 67 Jahre alte Hanomag R27 wird Robins Sammlung bald tatkräftig unterstützen. Noch sind allerdings einige Umbauten zu erledigen

 

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