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05.02.2022

Weniger ist mehr - oder doch nicht?


Jedes der kleinen Plisseepäckchen hatte seinen eigenen großen Karton als Umverpackung

Verpackungsblödsinn sorgte in Dorste für Kundenverärgerung.

von Ralf Gießler

Es gibt Situationen und Gelegenheiten, da freut sich wohl ein jeder über unerwartete Draufgaben. Ist doch toll, wenn man zu Weihnachten mehr Geschenke bekommt als man sich wünschte. Oder wenn der Eisverkäufer für's selbe Geld einfach zwei Kugeln mehr in den Becher füllt. Nicht so prickelnd ist es allerdings, wenn man sechs federleichte, wenig sperrige Artikel bestellt und sie bekommt - in sechs großen einzelnen Paketen.

"Meine Frau hatte unlängst sechs Plissees bestellt. Obwohl alle Artikel von Form und Gewicht locker in ein einziges Paket gepasst hätten, wurde jedes Plissee einzeln verpackt. Es brauchte zwei Paketboten, um die Ware zu uns zu bringen. Was für ein Verpackungsblödsinn und was für eine Verschwendung", schüttelte Armin Kahle mehr verärgert als amüsiert den Kopf.

Unter einem Plissee versteht man eine Art Sicht- oder Sonnenschutz, der an Innenseiten von Türen oder Fenstern angebracht wird. Es besteht aus einem vorgefalteten, sprich plissierten Bezug, der sich ziehharmonikaartig platzsparend zusammenschieben lässt. Von daher nehmen sie nicht viel Raum ein und auch das Gewicht hält sich in Grenzen. Selbst für alle sechs Plissees war schon ein Karton der gelieferten Größe überdimensioniert. 

Natürlich muss Ware gut geschützt und verpackt sein. Gut gemeint ist aber nicht immer auch gut gemacht. Der amerikanische Online-Versandhandelsriese hätte vielleicht vor dem Versand nochmals in die eigenen Verpackungsbestimmungen schauen sollen. Dort heißt es unter anderem sinngemäß:

"Weniger Verpackung, nachhaltigere Produkte, zufriedenere Kundinnen und Kunden: Seit 2015 haben wir das Gewicht der Versandverpackungen pro Sendung um über 36 % reduziert und mehr als eine Million Tonnen Verpackungsmaterial eingespart. Zudem laden wir zur Teilnahme am Frustration-Free-Packaging-Programm (FFP) ein. Wir setzen auf innovative Verpackungen, die sowohl umwelt- als auch kundenfreundlich sind sowie so gestaltet wurden, dass weniger Abfall entsteht...". 

Anmerkung der Redaktion: Da wollen wir gar nicht Wissen, wie diese Dinge vor 2015 verpackt worden sind.

"Weniger ist mehr" - ein geflügelter Ausspruch, der eigentlich auch im angelsächsischen Sprachraum unter "Less is more" bekannt ist. Es ist nicht ganz klar, wer der Urheber dieser Redewendung ist. In dem Gedicht "Neujahrswunsch" von Christoph Martin Wieland aus dem Jahr 1774 heißt es jedenfalls: "...Und minder ist oft mehr, wie Lessings Prinz uns lehrt". Aber das nützte Familie Kahle wenig, denn sie mussten nun Verpackungsmaterial entsorgen, was nicht auf einmal in die Papiertonne passte.
Nachhaltig geht anders.


Das Gesamtwerk der Verpackungskünstler

 

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