Panorama / Natur

05.02.2022

Kaum zu glauben 


Ab und zu schwirrt eine Hornisse an Schützes Gartenteich herum

von Corina Bialek

Albrecht Schütze, Schulleiter im Ruhestand der Jakobitorschule und Ehrenvorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Osterode durchstöbert seit seiner Pensionierung seinen immensen Bücherschatz. Dabei stößt er auf viele interessante Dinge, wie diesen Bericht über die "Zähmung der Hörnisse" :

von Alfred Schütze

Die Angst, von Hornissen gestochen zu werden ist allgemein verbreitet. Sieben Hornissenstiche sollen sogar Pferde töten können wurde ebenso als glaubwürdige Gefahr verbreitet, ohne dafür Beweise nennen zu können. Allein das fliegende Insekt zu hören genügt, um mit Angst zu reagieren. Bekommt man ein Einzelobjekt fliegend zu sehen, beeindruckt besonders die Größe. (das Weibchen 30 mm) (01) Die Beobachtung „Hornisse im Anflug“ wirkt wie ein Blitzschlag – Achtung! Gefahr!

Kaum zu glauben, wenn jemand behauptet, Hornissen kann man zähmen und streicheln. Die Furcht vor dem Stich sei übertrieben, sei ein psychisches Problem. Mag sein, doch wer ist bereit, sich als Probant zu stellen? Dennoch hat eine Studie vor 200 Jahren den Beweis geliefert. Unglaublich, aber wahr, denn eine wissenschaftlich anerkannte Studie ist überliefert.

Die Studie „Zähmung der Hornisse“ wurde erstmals 1818 veröffentlicht (02 / Seite 282)
Wie sie beurteilt wurde, ist nicht überliefert, denkbar ist, dass auch damals kritische Stimmen meinten: „Kaum zu glauben!“ dabei ist die Veröffentlichung detailliert beschrieben und zweifelsfrei dargestellt. Ein kurzgefasster Inhalt kann interessierten Lesern neue Erkenntnisse vermitteln.        

Der Held dieser Zähmung war der Dekan Müller, Pfarrer in Odenbach in der Rheinpfalz. Er hatte nicht die Absicht, Hornissen zu zähmen, sondern wollte bloß die Lebensweise der Tiere und die Oekonomie in dem Inneren ihres Nestes kennenlernen. (02/Seite 281)  

„Eines Tages, im Monat Mai 1811 sah er eine große weibliche Hornisse, die mehrere Tage hintereinander sich blicken ließ. Er mutmaßte, sie habe irgendwo ein Nest und fand es schließlich in einem leeren Bienenkorb. Es hatte die Größe eines 5 Markstückes in Form einer Halbkugel in deren Höhlung das 1. Bruttäfelchen an einem Säulchen hängend, befestigt war. Es enthielt 7 Zellen.

Als die Hornisse wieder zurückkam, hob Müller den Bienenkorb an und beobachtete, wie sie die Nestwand bearbeitete. Um eine Störung zu unterbinden, reagierte Müller behutsam und wendete den Korb zurück in die Ausgangsposition. (02/Seite 282)

Er nahm sich vor, die dargebotene Gelegenheit zur Erforschung der Oekonomie der Hornissen zu benutzen. Zur Erreichung dieses Zwecks hielt er es für notwendig, die Hornisse an das Aufheben und umwenden des Korbes zu gewöhnen. So oft die Hornisse nach Hause kam, täglich wohl 15 – 20mal, hob und wendete Müller den Korb. Jede starke Erschütterung vermied er, bis er feststellen konnte, dass die Hornisse seine Gegenwart akzeptiert hatte. Endlich wagte Müller die Hornisse zu berühren und streichelte sie mit dem Zeigefinger sachte vom Brustschild über den Rücken hin. Auch das litt sie geduldig.

Dieses erreichte Teilziel ist die Voraussetzung weiterer Studien mit ausführlichen Details von insgesamt 6 Seiten, die gekürzt auf 2 wesentliche Zwischenergebnisse hingewiesen wird: „zusätzliche Fütterung der Brut, sowie Honigtropfen als Lob für geduldete Berührung durch Müllers Zeigefinger.  Kaum zu glauben, aber wissenschaftlich belegt durch Dr. M. Bach, erster Lehrer am königl. Lehrerseminar zu Boppard. (01/Seite 277)          

Lit.   (01)   Dr. M. Bach’s „Studien und Lesefrüchte Bd.II , 8. Auflage / Köln 1899

Lit.   (02)   Germars Magazin der Entomologie Bd. 3 / 1818, Seite 56 ff)


Hornissen sind schon imposante Insekten


 

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