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09.12.2021

Energiekontor Bremen sucht Windparkflächen in der Gemeinde Bad Grund


Windräder im Morgendunst - Symbolfoto

Das europaweit tätige Unternehmen will sich Grundstücke  sichern / Geplantes Treffen mit Landeigentümern wurde wegen Corona abgesagt

von Herma Niemann

Bad Grund. Wenn die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen nicht wie in dieser Form so stark angestiegen wären, hätte es Anfang Dezember eine Versammlung mit Vertretern des Unternehmens Energiekontor Bremen AG und Landeigentümern aus der Gemeinde Bad Grund gegeben.

Dies stellte sich jetzt bei einem zufälligen Gespräch mit einem Landeigentümer aus der Gemeinde Bad Grund heraus. Im Gespräch sei sogar schon die Errichtung dreier Windräder in den Bereichen „Sollieshai“ und „Horstkamp“  (beides Gemarkung Gittelde). Wegen Corona wurde dieses Treffen abgesagt und auf einen späteren Termin verschoben, der noch nicht feststehe, wie Till Gießmann (Head of Investor Relations bei Energiekontor) auf Nachfrage berichtete. Das Unternehmen Energiekontor entwickelt, baut und betreibt Wind- und Solarparks in Europa und seit 2017 auch in den USA. In dieser Versammlung sollte es um eine Abfrage der Verkaufsbereitschaft der Landeigentümer sowie auch um gesetzliche und vertragliche Regelungen gehen. Langfristig wolle sich das Unternehmen in der Gemeinde Bad Grund Flächen sichern, so Gießmann.

Der „Horstkamp“ gehört zur Gemarkung Gittelde.
Hier und am „Sollieshai“ könnten drei Windräder gebaut werden

Ende des vergangenen Jahres wurde seitens des Landkreises Göttingen, den Städten und Gemeinden der Entwurf zur Neuordnung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) vorgelegt, in dem unter anderem auch Vorrangflächen für Windenergie vermerkt sind. Bis Ende Juli konnten Vereine, Institutionen, Bürger und auch die Gemeinden und Städte ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Für die Gemeinde Bad Grund wurde in dem Entwurf unter anderem eine Vorrangfläche am Sollieshai ausgewiesen, was in diesem Sommer für viel Diskussionen in der Bevölkerung sorgte. Die Menschen beschäftigten sich mit eventuellen Auswirkungen auf ihre Gesundheit, aber auch mit den Auswirkungen auf die Tierwelt und auch auf den Tourismus der Bergstadt.

Ein RROP regelt die räumliche und strukturelle Entwicklung für den Planungsraum in seinen Grundzügen. Die bestehenden RROPs für das Kreisgebiet stammen aus den Jahren 2010 für das Gebiet des Altkreises Göttingen beziehungsweise aus 1998 für das Gebiet des Altkreises Osterode. Damit existieren zwei unterschiedliche und zudem veraltete Regelwerke für das Kreisgebiet, die nun vereinheitlicht werden sollen. Diese RROPs treten mit Ablauf dieses Jahres außer Kraft. Eine Verlängerung der Gültigkeit wurde seitens des Kreistages nicht beantragt, und eine Beschlussfassung lässt aufgrund von über 8.000 Stellungnahmen wohl noch auf sich warten.

Auf Nachfrage unserer Zeitung, ob Gemeinden oder Städte sich bis zur Beschlussfassung in einem rechtsfreien Raum befinden, antwortete der Pressesprecher des Landkreises Göttingen, Ulrich Lottmann, dass der Landkreis seine Aufgaben in der Raumordnung unverändert wahrnehme und man sich nicht in einem rechtsfreien Raum befände. Die Grundlagen seien unmittelbar Fachrecht und Regelungen des Landesraumordnungsprogramms (LROP). Dieses befindet sich allerdings auch noch im Entwurfsstadium.

Zudem sollen laut Landkreis die Grundsätze des Entwurfs des RROP Anwendung finden. Sollte in dieser Zeit, ohne beschlossenes RROP, ein Betreiber oder Investor Windenergieanlagen in einer Gemeinde bauen wollen, erklärt Lottmann, würden solche Anträge nach den gesetzlichen Regelungen, insbesondere des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie fachrechtlicher Vorgaben, geprüft.

Neben dem gesetzlich geregelten Verfahren hätten auch die im Windkonzept des RROP-Entwurfs festgelegten harten und weichen Tabukriterien Bestand. Bei harten Tabukriterien handelt es sich um Flächen, die für eine Windenergienutzung grundsätzlich ungeeignet sind, weil auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen, zum Beispiel Flächen mit offensichtlich zu geringer Windhäufigkeit oder ein Abstandskorridor von unter einem Kilometer zum Ort.

Weiche Tabuzonen sind dagegen Bereiche, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein ausgeschlossen werden soll. Darunter fallen zum Beispiel auch perspektivische Planungen, wie etwa ein geplantes Siedlungsgebiet oder entsprechende Pufferzonen zu  naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten.

Anders als harte Tabuzonen sind weiche Tabuzonen jedoch der Abwägung zugänglich, heißt es im Methodenband zur Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergie mit Ausschlusswirkung  für den Landkreis Göttingen 2020. Zwar dürften diese weichen Kriterien im Vorfeld einer Einzelfall-Abwägung pauschal und typisierend als Ausschluss gelten, jedoch ändere dies nichts daran, dass sie dem Wesen nach der Ebene der Abwägung zuzuordnen seien. Aus diesem Grund müsse der Plangeber, also die Gemeinde oder Stadt,  die von ihm gewählten weichen Ausschlusskriterien rechtfertigen, nachvollziehbar begründen und verdeutlichen, dass er bei seiner Entscheidung für die verwendeten weichen Ausschlusskriterien - anders als bei den harten Ausschlusskriterien - einen Bewertungsspielraum besitze, lautet es im Methodenband.

Aus dem Wesen der weichen Ausschlusskriterien als disponible (verfügbare), abwägungsfähige, den planerischen Zielsetzungen und Vorstellungen zugängige Kriterien leite sich ein erheblicher planerischer Ermessensspielraum ab, lautet es weiter. Die weichen Ausschlusszonen seien also zwingend einer erneuten kritischen Überprüfung zu unterziehen, sofern der Plangeber im Ergebnis seiner Planung erkennen muss, dass er unter der Voraussetzung der Privilegierung der Windenergienutzung nicht hinreichend Raum für die Windenergienutzung schafft. Vor Jahren hat der Gesetzgeber eine Änderung im Baugesetzbuch vorgenommen, die einerseits die Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich erleichtern, andererseits aber auch den Kommunen eine planungsrechtliche Steuerung der Standorte ermöglichen sollte. Damals wurden Windenergieanlagen ausdrücklich in den Kreis der sogenannten privilegierten, also bevorzugten, Bauvorhaben aufgenommen, die im Außenbereich zulässig sind.

Weiter heißt es im Methodenband, dass hier grundsätzlich gelte, dass, je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen am Ende ausfallen, umso mehr das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen und die einzelnen weichen Tabukriterien zu begründen seien. Ob es sich bei dem jetzt von dem Unternehmen ins Auge gefassten Gebiet um den Sollieshai oder um den “Horstkamp” handelt, konnte Till Gießmann mangels Information nicht sagen, lediglich, dass es sich um eine Fläche in der Gemeinde Bad Grund handeln soll.

 

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