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13.10.2021

Harzer Autoren stellten sich und ihre Werke vor


Die Autoren und Autorinnen sowie Initiatorin Renate Marie Riehemann (4. v. re) und Eulenhof-Inhaber Jost Kreitz (4. v. li.) freuten sich sehr darüber, dass sich viele diesen besonderen Abend nicht entgehen lassen wollten

von Petra Bordfeld

Sieben Harzer Autoren trafen sich auf Einladung der Osteroder Dichterin und Erzählerin Renate Marie Riehemann, um sich auf eine literarische Reise zu begeben, die unter dem Motto „Ein Fingerhut voll Harz“ stand. Dies war das Thema der Ausschreibung zum 3. Literaturpreis Harz und ist zugleich der Titel des Buches mit den besten Beiträgen. 

Die Lesung begann mit Kindheitserinnerungen an die Blaubeerenzeit, führte über ein leerstehendes und doch vielsagendes Haus bis hin zum Rauswurf der „Beatles“ aus dem elterlichen Haus. 

Um diese interessante Reise antreten zu können, hatten sich die Zuhörer/innen auf den Weg nach Hörden in das Gasthaus „Eulenhof“ begeben. Sie machten die Erfahrung, dass die Kultur trotz Corona nichts an ihrer bezaubernden Anziehungskraft verloren hat. Renate Maria Riehemann brachte ihre Freude darüber in ihrer Begrüßung zum Ausdruck: "Alle möglichen Plätze hier in der Tenne sind besetzt. Das ist für die Autoren und Autorinnen zugleich Freude und Herausforderung." 

Nachdem sie die Lesung mit dem Gedicht „Hoffnung“ eröffnet hatte, nahm  Manfred Kirchner an dem Lesetisch Platz.  Da seine Geschichte sich einst in Hattorf zugetragen hatte, schnackte er auch ein wenig Platt, als er das Blaubeerabenteuer, aus Kinderwagen betrachtet, erzählte. Und  die Beschreibung des Küchentisches, auf dem Kartoffelpuffer und Blaubeeren aufs Vernaschen warteten,  machte Hunger auf eine Geschichte, in die sich jeder Zuhörer gedanklich einbringen durfte und dies auch tat.

Cliff Middleton las zwei Gedichte. Er verriet, dass er vor seiner Zeit im Vorharz in der Lüneburger Heide gewohnt hatte. Die Gegend sei zwar sehr schön,  aber ihm zu flach gewesen. Dort hätten Motorräder und Rasenmäher für Unruhe gesorgt. Hier wiederum könnten die Sterne bald das Geheimnis der Nacht gestalten. Die bissigen Zeilen seines zweiten Gedichts waren übrigens seiner zweiter Enkelin gewidmet.

Dorothea Speyer-Heise stellte eine Story vor, welche sie kurz nach Angela Merkels Äußerung „Wir schaffen das“ zu Papier gebracht hatte. In ihr spielt eine Reporterin die Hauptrolle, die ihre nicht gerade erfreulichen Besuche in einer Flüchtlingsunterkunft und in einem Tierheim niederschrieb und daraufhin einen spontanen Entschluss fasste, der zum Nachdenken anregte.

Dr. Jürgen Conrad entführte in frühere Zeiten, aus der Perspektive von Menschen, die nicht so flott im Denken sind. Auf dem Lande waren dies die Dorfdepppen. Der beschriebene Depp lebte auf dem Hof seines Bruders, so wie er wollte. Ihn faszinierte der Staub beim Zerreisen von Papier, denn der erinnerte ihn an Bussarde, die über ihm kreisten.

Manfred Pilz wiederum ließ jeden bei der Erkundung eines leerstehenden Hauses in der ehemaligen DDR teilhaben. Denn er hob den Schleier, der sich nach der Grenzöffnung über dieses Gebäude gelegt hatte.  Gleich, was ihm begegnete oder was er entdeckte, jedes Detail vermochte seine eigene Geschichte zu erzählen. Es hätte auch ein Roman werden dürfen.

Uwe Kupke mahnte an, dass Erinnerungen geblieben sind, und dass es einen in Zeiten, die Kummer bereiteten, mit der eigenen Überholpraxis aus der Kurve tragen könnte. Dabei erinnerte er an eine Randfigur die auf dem schmalen Trampelpfad bergab wanderte, aber im richtigen Moment noch die rettende Kurve gekriegt hat, und das Leben ihm dann die Hand reichte.

Dass die vor fast genau 57 Jahren erschienene Beatles-Single „I feel fine“ für den Rausschmiss der „Pilzköpfe“ aus seinem Elternhaus gesorgt hatte, machte schließlich der Beatles-Fan Wolfgang Horn klar. Zu der Zeit hatten er und sein Bruder einen Plattenspieler erhalten, auf dem ausnahmslos deutsche Lieder geduldet wurden. Die Geburtstagsfeier eines Freundes sollte den Versuch einer Änderung mit sich bringen. Die beiden Brüder legten alles Taschengeld zusammen, stürmten den Bad Grundner Elektroladen, der auch Schallplatten im Sortiment hatte, um  „I feel fine“ zu erwerben. Doch die Single sollte keine volle Umdrehung auf dem eigenen Plattenspieler schaffen. Denn die Mutter funkte dazwischen. Die „Beatles“ mussten Freddy Quinns „So ein Tag, so wunderschön wir heute“ weichen. Doch daran, dass der Autor ein „Beatles“-Fan geworden und geblieben ist, hatte der Rausschmiss nichts ändern können. Jedenfalls schmunzelten die Zuhörer, dem einen oder anderen ging vermutlich eine ähnliche Geschichte durch den Kopf.

Am Ende waren alle traurig, als sie den Literaturzug verlassen mussten. Denn die bunte Vielfalt dieses Abends hätte noch weiter geflochten werden dürfen. Übrigens wird zum letzten Autorenabend aus "Ein Fingerhut voll Harz" am 22. Oktober um 19 Uhr in den Rittersaal des Herzberger Schlosses geladen. Andere Autoren werden dann andere Texte vorstellen.

 

 

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