Kultur

20.09.2021

Einzigartige Lesungen und spontane Entscheidungen


Die stillen Hunden

Die stillen Hunde, Marc Elsberg, Dietmar Wunder, Arne Dahl und Peter Lontzek in Nordhausen

von Christian Dolle

Im Grunde war es eine Reise in die Krimi-Historie, mit der der Mordsharz-Abend in Nordhausen startete. Friedrich Glauser gilt als einer der ersten deutschsprachigen Krimiautoren, viele bringen den 1896 geborenen Schweizer heute vor allem mit dem nach ihm benannten Krimipreis in Verbindung. Doch den Preis des Harzer Krimifestivals gab es ja schon und da Glauser sich nicht mehr wehren kann, wurde sein „Der alte Zauberer“ auf der Bühne im Tabakspeicher von den stillen Hunden ordentlich bearbeitet.

Stefan Dehler und Christoph Huber aus Göttingen sind für ihre szenischen Lesungen klassischer Stoffe mit dem ihnen eigenen Humor bekannt, und der traf auch den Nerv des Mordsharz-Publikums. Das Besondere ihrer Darbietungen ist zum einen das präzise Schauspiel, das sehr respektvoll mit den Stoffen umgeht, zum anderen eine Metaebene, auf der beide sehr respektlos miteinander umgehen. 

Klingt in der Beschreibung aber viel sperriger als es eigentlich ist, denn vor allem machen die stillen Hunde richtig Spaß und das eben auf ganz hohem Niveau. Daher waren sie auch unbedingte Wunschkandidaten des Teams für das diesjährige Jubiläumsfestival, ebenso wie auch die beiden folgenden Lesungen. 

Marc Elsberg war gemeinsam mit Synchronsprecher Dietmar Wunder zu Gast. Sie lasen aus dem Thriller „Der Fall des Präsidenten“, in dem der (fiktive) ehemalige US-Präsident wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan vorm Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden soll. Da es auch in diesem Buch von Marc Elsberg um eine nah an der Wirklichkeit geschriebene Geschichte geht, erzählten sie im Talk viel über die Hintergründe, über die Intentionen des Autors, solche Storys zu schreiben, aber eben auch um die Wirkung eines professionellen Hörbuchsprechers, der den einzelnen Figuren Leben einhaucht. 

Gleiches galt auch anschließend für Arne Dahl und seine „deutsche Stimme“ Peter Lontzek, die ebenfalls den gelesenen Text mit vielen Informationen, in diesem Fall vor allem über die Hauptfigur Sam Berger, ausschmückten. Dabei erzählten sie auch, dass sie sich 2016 beim Mordsharz-Festival in Wernigerode kennenlernten, wo Arne Dahl damals den ersten Teil der Reihe um Sam Berger vorstellte. 

Genau dieses Kennenlernen oder Treffen der Autoren ist es auch, was Mordsharz am Rande ausmacht. An diesem Abend waren auch Arno Strobel, der in Goslar gelesen hatte, und Andreas Gruber, der in Walkenried lesen wird, im Publikum, die sich sehr über ein Weidersehen mit den Kollegen freuten. In Goslar wiederum war Liliana Moreno aus Mallorca angereist. Ihr Debütroman „Wer Buße tut“ hatte auf der Shortlist zum Harzer Hammer gestanden, so dass sie das Festival gerne einmal live erleben wollte. 
Ebenso verhält es sich mit Stammgästen des Festivals, die zum Teil in alle ja doch recht weit verstreuten Orte reisen und jede einzelne Lesung besuchen. An diesem Abend im Tabakspeicher wurde dem Organisationsteam deutlich, dass auch Nordhausen inzwischen fest zu Mordsharz gehört und das Team vor Ort wie auch etliche Gäste inzwischen ans Herz gewachsen sind. 

Das Wichtigste nämlich ist auch für die Veranstalter der Spaß an der Sache, die Begeisterung für die Krimis, von der sie hoffen, dass sie sich aufs Publikum überträgt. Nur so sind ungezwungene Lesungen möglich, von denen die stillen Hunde sagen, dass eben jeder ihrer Auftritte anders als die anderen und einzigartig ist, ebenso wie ein nicht vorher durchgeplanter Live-Talk mit Marc Elsberg und Dietmar Wunder und die spontane Zustimmung Arne Dahls, das Interview auf deutsch zu führen, eben weil er sich wohlfühlt und es wagt, Neues auszuprobieren. Erst dadurch wird ein solches Event lebendig, das ist der Vorteil, wenn endlich wieder Veranstaltungen mit Publikum möglich sind.


Christoph Huber

Stefan Dehler

Arne Dahl und Peter Lontzek


Dietmar Wunder und Marc Elsberg

 

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