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20.09.2021

Flugkünstlern bei Dämmerung gelauscht


Durch den Gelben Stieg in der Tropfsteinhöhle finden viele Fledermäuse ihren Weg

Besucher des Höhlenerlebniszentrums konnten an der zweiten Bat-Night teilnehmen/Zeitgleich fand rund um den Iberg ein Monitoring des NABU statt

von Herma Niemann

Bad Grund. Fledermäuse üben eine besondere Faszination auf uns Menschen aus. Erst nach Sonnenuntergang verlassen die lautlosen Flugkünstler ihre Verstecke auf der Jagd nach Insekten. Fledermäuse können hervorragend fliegen und sind zu erstaunlichen Flugmanövern in der Lage.

Bei der inzwischen zweiten Bat-Night im Höhlenerlebniszentrum Iberger Tropfsteinhöhle (HEZ) erfuhren die Besucher im Rahmen der Schauhöhlenwoche und im Internationalen Jahr von Höhle und Karst nicht nur sehr viel Wissenswertes über die lautlosen Jäger der Nacht, sondern konnten ihrem Flug zumindest mittels eines Fledermaus-Detektors auch lauschen.

Gerade am Iberg in Bad Grund nutzen zahlreiche Fledermäuse die Schauhöhle und die Stollen als Quartiere und die umliegenden Wälder als sattmachende Jagdreviere. Die Bat-Night begann am späten Nachmittag mit einer Bastelaktion für die Kinder und einem Vortrag für die Erwachsenen. Die sehr informative Einführung in die spannende Welt der Fledermäuse lieferte die Ökologin Annika Schröder vom Nationalpark Harz.

Weltweit gebe es rund 1200 Arten an Fledermäusen, die zu den Säugetieren gehören. Die meisten Arten bevorzugen jedoch wärmere Regionen wie die Tropen, wie Schröder erklärte. Zum Vergleich, in Europa gibt es rund 40 Arten, in Deutschland 24 und im Harz nachgewiesene 18 Arten. „15 Arten können wir rund um den Iberg finden“, so Schröder „wir haben hier also eine hohe Artenvielfalt von Fledermäusen“. Fledermäuse verschaffen sich Hörbilder durch die Echo-Ortung. Diese sei für den Menschen nicht hörbar, da sich die Jagdlaute in einem anderem Kilohertz-Bereich befänden. Aber hören könne man im Übrigen die Soziallaute der Tiere, nämlich wenn sie innerhalb der „Familie“ mit ihren Jungen kommunizieren.

Was vielleicht nur die Wenigsten wissen ist, dass die Fledermäuse eine besonders energieschonende Art der Fortpflanzung verfolgen. Die Tiere halten rund fünf Monate Winterschlaf, in dem sie sämtliche Körperfunktionen auf ein Minimum reduzieren.Die Paarungszeit beginne jedoch im September. Weil dieser Vorgang allerdings noch nicht komplett erforscht sei, vermuten die Experten, dass die Spermien im weiblichen Tier in einer Art Tasche eingelagert werden bis zum Frühjahr. Die embryonale Befruchtung erfolge dann durch den Hormoneinschub im Frühjahr.

Dass Fledermäuse auch durchaus soziale Tiere seien, erklärte Schröder damit, dass Fledermäuse ihre Jungen, meistens nur eins im Jahr, in den sogenannten Wochenstuben zur Welt bringen. Die trächtigen Weibchen finden sich im Sommer in diesen Wochenstuben zusammen, in denen die Jungtiere geboren und gemeinsam aufgezogen werden. Diese Wochenstuben umfassen je nach Art zwischen 20 und 50 Muttertiere, können jedoch auch bis zu 1.000 Tiere umfassen.

Schröder ging auch auf die Gefahren für die Fledermäuse ein. Dazu zählen die Windkraftanlagen, aber auch die intensive Landwirtschaft, wodurch es immer weniger Insekten als Nahrungsgrundlage gebe. Als kleine Überraschung führten die Kinder ihre gebastelten Fledermaus-Objekte den Erwachsenen vor. Zudem zeigten sich nicht nur die Erwachsenen sehr interessiert, auch die Kinder stellten viele Fragen, wie zum Beispiel: “Wie kommen die Fledermäuse überhaupt in die Tropfsteinhöhle rein?“. Hier konnte Schröder antworten, dass für sie sämtliche Ausgangstüren der Höhle durch eingebaute Schlitze passierbar seien.

Für die Teilnehmer ging es anschließend mit der Ökologin und der HEZ-Höhlenführerin Sylvia Fröhlich zunächst durch die Schauhöhle. Fröhlich berichtete den Gästen, dass man natürlich auch in der Höhle Aktivität verzeichnen könne. Aber im Gegensatz zu den Besuchern, würde man als HEZ-Mitarbeiter natürlich länger an einer Stelle verweilen, womit sich die Chance auf eine Sichtung erhöhe. Einige der Flugkünstler würden zum Beispiel gerne durch den „Gelben Stieg“ ein- und wieder ausfliegen. An dem Abend konnten in der Höhle leider auch mit dem Fledermaus-Detektor keine Flugaktivitäten verzeichnet werden.

Der Rückweg führte die Gruppe durch den Wald zurück am ehemaligen Eingang der Tropfsteinhöhle vorbei bis zum Parkplatz am HEZ. Und dort hatten die Teilnehmer Glück. Wenn auch nur akustisch. Dort waren mehrere Flüge von Fledermäusen durch den Detektor zu hören. Wie Schröder sagte, würden die Fledermäuse eben auch gerne im Schein des Lichtes vom HEZ jagen. Die Geräusche lagen im Bereich von 45 Kilohertz, was auf eine Zwergfledermaus hinweisen könnte, und im Bereich von 19 Kilohertz, was ein Abendsegler sein könne. „Es nieselt leicht, deswegen sind weniger Insekten und auch weniger Fledermäuse unterwegs“, erklärte Schröder.

Zeitgleich waren im Wald vor dem HEZ die Naturschützer der Interessengemeinschaft Fledermausschutz und -forschung Südniedersachsen im NABU aktiv. Seit 2004 fangen und bestimmen die Mitglieder der Interessengemeinschaft einmal jährlich die Fledermäuse, beringen sie und entlassen sie wieder in die Freiheit. Diese Aktion ist Teil eines geförderten Monitoring-Projekts der Felswerke Goslar zur Fledermaus-Erfassung vor den Schwärmquartieren des Ibergs.

Wie der Regionalbeauftragte für Fledermausschutz Wolfgang Rackow (NABU) aus Osterode erklärte, würden Fledermäuse mehrere Hundert Kilometer in ihre Winterquartiere zurücklegen. „Die Tiere sind sehr ortstreu“, so Rackow. Am Tag zuvor sei der Gruppe eine Fledermaus mit einem Ring aus dem Jahr 2008 ins Netz gegangen. „Das ist schon ein immens hohes Alter für eine Fledermaus“, freute sich Rackow. Wer selbst etwas zum Schutz der Fledermäuse tun möchte, kann spezielle Kästen aufhängen. „Man sollte jedoch mehrere davon anbringen, die Fledermäuse wechseln gerne mal das Quartier“, so Schröder.


Flugkünstler der Nacht: Eine Fledermaus beim Fressen

Lia aus Northeim (11) hat bei der BAT-Night des HEZ im Rahmen der Schauhöhlenwoche mitgemacht und eine der schönsten Fledermäuse gebastelt

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Annika Schröder (links) und Wolfgang Rachow bei der Begrüßung der Gäste der Bat-Night im HEZ

In der Tropfsteinhöhle war leider keine Flugaktivität zu verzeichnen

Links steht ein Habiatbaum am oberen Ausgang der Tropfsteinhöhle. Ein ideales Quartier für Fledermäuse

 

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