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25.08.2021

Krankenaus Herzberg steht am Rande eines Vulkans


von Petra Bordfeld

Wer über den großen Parkplatz des Herzberger Krankenhauses geht, läuft dort, wo das ehemalige Lonautal gelegen ist. Am Ende dieser Fläche wird man dann von einer Erhöhung „ausgebremst“. Sie ist nicht etwa als Grenze aufgeschüttet worden, sondern ein viele Millionen Jahre alter Vulkankrater.

Genau davor steht jetzt eine Geopark-Informationstafel, die ein Teil des Projektes „Landschaft lesen lernen“, welches von der Europäischen Union, dem Land Niedersachsen sowie den Landkreisen Goslar und Göttingen finanziert wird. Und die Stadt Herzberg ist Fördermitglied des Regionalverbandes. Als Träger des Natur- und UNESCO-Geoparks möchte auch der Regionalverband Harz die Erdgeschichte erlebbar und begreifbar machen.

Dafür, dass diese Tafel auch etwas zum Lesen und Anschauen bieten konnte, hatte Diplomgeologe Firouz Vladi mittels interessanter Zeitgeschichte und ebenso aussagekräftiger Bildern gesorgt. Und er stellte jetzt der Projektmitarbeiterin beim Regionalverband Harz, Emily Claire Carrell, Herzbergs Bürgermeister Lutz Peters, dem Geschäftsführer des Krankenhausens, Johannes Richter, und seinem langjährigen Mitstreiter und Freund, Klaus Meyer, die Entstehungsgeschichte dieser Tafel vor, die nicht nur für Geologen einen Blick in ein spannendes Zeitfenster, geknüpft aus verschiedenen Epochen, gewährt.

So erinnerte er daran, dass er im Bereich der heutigen Parkplatzfläche, die vor 50 Jahren noch eine Obstwiese war, etwa zu der Zeit, als der Krankenhausneubau ins Gespräch kam, zusammen mit Klaus Meyer Bohrgestänge in die Erde getrieben habe. Schon damals sei ihm der ungewöhnliche Untergrund aufgefallen. Er habe sehr Interessiert die Anfänge des jetzt sicher stehenden Gebäudes verfolgt. Der Kreis Osterode beauftragte damals als Bauherr ein Hamburger Ingenieurbüro, das schon beim Fernsehtturm der Hafenstadt und beim Elbtunnel mitgewirkt hatte. 

„Allerdings war die Karstlandschaft Neuland für dieses Unternehmen“. Weil der Zufall immer wieder dafür sorgte, dass die Bohrungen auf festen Untergrund stießen, sei man davon ausgegangen, dass es sich um gesunden Baugrund handelt. Der Herzberger Schüler Werner Ricken, später Geologieprofessor in Köln, habe aber immer wieder gewarnt, dass zwischen den Bohrungen das unberechenbare weiche Material einen schlimmen Untergrund böte.

Wie sich dann beim Bau zeigte, war der Boden so instabil, dass das ganze Haus hätte in Bewegung geraten können. Um nun nicht noch einmal nach einer anderen Fläche suchen zu müssen und dem zukünftigen Krankenhaus auf diesem komplizierten, unterschiedlich tragfähigen Baugrund einen sicheren Stand zu gewähren, mussten  in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends 230 bis zu 30 Meter lange Betonpfähle in den Untergrund gesetzt werden.

Dieser nervige Untergrund war und ist aber für Geologen ein wahrer Schatz. Denn er war der frühere Talboden der Lonau, die vor gut 400.000 Jahren in Richtung Aschenhütte floss. Beweise hatten das in der Baugrube gefundene Flussgeröll geliefert.

Vladi betonte, dass in einem Fluss zwar Wasser fließt, im Untergrund gäbe es aber auch Grundwasser. Genau das habe es auch damals gegeben, und so hätten sich in dem darunter liegenden Kalkstein Höhlen gebildet. Diese wiederum seien im Laufe der Jahrtausende eingestürzt und Geröll, weicher Lehm und brauner Manganmulm haben sich darin gesammelt. Später hat sich die Lonau ein neues Bett gesucht, wo sie noch heute in Herzberg am Wasserfall der Sieber zustrebt.

Der Sprecher lud noch einmal zu einer Reise ein, die zunächst etwa 320 Millionen Jahre zurückführte. Das ehemalige Hochgebirge des späteren Harzes war schon weitgehend wieder abgetragen und auf dem wüstenartigen Hügelland bildeten sich Vulkane. Ein solcher Förderschlot für glutheißes Magma ist eben hier als blassviolett-rosafarbiges, hartes Gestein, dem Rhyolith, zu sehen. 

Später, vor 258 Millionen Jahren erfolgte aus Nordwesten ein Meeresvorstoß und hat das hügelige Gelände mit seinen Ablagerungen, hier Kupferschiefer und Zechsteinkalk überlagert. Auf schiefem Meeresboden kamen die noch weichen Ablagerungen ins Rutschen und stauten sich vor dem erkalteten Magma des noch herausragenden Vulkanschlotes, genau dies ist hier am Rande des Klinikparkplatzes zu bestaunen.

Dieser geologische Aufschluss wächst immer wieder zu und der Förderverein Deutsches Gipsmuseum und Karstwanderweg e.V. hat in Abstimmung mit der Klinikleitung mit seinen Wegpaten die Aufgabe übernommen, diese Felswand immer wieder freizuhalten. 

Diese Informationen und noch  vieles mehr sind auf der Tafel zu sehen, die zum studieren einlädt.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


 

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