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18.08.2021

Verwaltungs-Digitalisierung: mehr Erleichterungen für Bürger


Samtgemeindebürgermeister Rolf Hellwig vor dem Niedersächsischen Antragssystem für Verwaltungsleistungen Online (NAVO)

Bis 2022 muss das Online-Zugangsgesetz in den Kommunalverwaltungen umgesetzt sein/Samtgemeindebürgermeister Rolf Hellwig über den Fortschritt in Hattorf

...von Herma Niemann

Die Interaktion zwischen Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung soll in Zukunft deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden. Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) verpflichtet daher Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten.

Im sogenannten OZG-Umsetzungskatalog sind diese Verwaltungs-Leistungen in 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen gebündelt und 14 übergeordneten Themenfeldern (zum Beispiel „Familie & Kind“ und „Unternehmensführung und -entwicklung“) zugeordnet. In der Verwaltung der Samtgemeinde Hattorf sei man schon in vielen Bereichen digital aufgestellt, sagt der Samtgemeindebürgermeister Rolf Hellwig, in einem Gespräch mit unserer Zeitung.

Schon seit vielen Jahren nutze man mit dem Ratsinformationssystem für Bürger und Ratsmitglieder einen digitalen Zugang. Auch die Ratsarbeit sei weitgehend digitalisiert. Inzwischen würden deutlich mehr als die Hälfte der Ratsmitglieder diese Möglichkeit nutzen, und auf Unterlagen in Papierform verzichten. Allerdings könne man momentan noch nicht auf die umfangreichen Haushaltspläne in Papierform verzichten. Wie man in den Präsenz-Sitzungen sehe, würden schon viele Rats- oder Ausschussmitglieder das System mit Tablet oder Laptop nutzen. „Das hat sich auch wirtschaftlich deutlich bemerkbar gemacht. Das Papier für die Ratstätigkeit konnten wir auf ein Viertel reduzieren“, so Hellwig. Seit diesem Jahr sei die Verwaltung auch soweit, dass man intern den Postlauf digitalisiert habe. Die Tagespost, die in Papierform ankommt, wird eingescannt und auf digitalem Wege an die entsprechenden Abteilungen verschickt. Das rechnet sich nicht nur wirtschaftlich, auch können die digitalen Dokumente im System über bestimmte Parameter viel einfacher gefunden werden. Das, was das Haus dann wieder verlassen und unterzeichnet werden müsse, werde natürlich einmal ausgedruckt. Früher sei es so gewesen, dass ein bestimmter Vorgang mindestens zweimal ausgedruckt wurde, ein Exemplar für die Akte und das Original. Jetzt werden elektronische Vermerke an dem Dokument angebracht, wer es unterzeichnet und es auch gesehen hat. Dieser Vermerk könne auch nicht mehr gelöscht werden.

Diesen Fortschritt in der Verwaltung bezeichnet Hellwig aber auch nur als einen ersten Schritt. „Die Digitalisierung ist für die Kommunalverwaltung ein so großer Umbruch, das kann man sich kaum vorstellen“, so der Verwaltungschef „das sind alles sehr gewachsene Strukturen, und die Abläufe waren früher noch nie auf das Digitale ausgerichtet, sondern auf Papier und Aktenordner. Das primäre Ziel ist es, es dem Bürger leichter zu machen und nicht der Verwaltung“. Im Laufe der Zeit werde man bestimmt noch nachsteuern und einige Abläufe noch verändern müssen. Zum Beispiel sei man im Bereich Rechnungseingang seit diesem Jahr bereits dazu gesetzlich verpflichtet, einen digitalen Rechnungseingang bis zur Auszahlung anzulegen. „Wenn das erst einmal richtig funktioniert, dann arbeiten wir nur noch mit einem Datensatz, der geschickt, ausgelesen und mit Vermerk der Kassenstelle automatisiert als Überweisung wieder rausgeht“. Momentan erhalte die Verwaltung aber noch viele Papierrechnungen, weil die Rechnungssteller teilweise auch noch nicht so weit seien. In der gemeinsamen Vergabestelle in Gieboldehausen arbeite man schon mit der elektronischen Vergabe. Das Prozedere könne man sich vorstellen, wie bei einem Einkauf bei einem Online-Händler, so Hellwig.

Auf Landesebene werde gerade daran gearbeitet, verschiedene Prozesse zu digitalisieren und Strukturen aufzubauen. Wie unter anderem bei der Beantragung eines Fischereischeins. Die Bürger können dann zukünftig bestimmte Formulare über eine zentrale Stelle beantragen, zum Beispiel über das Niedersächsische Antragssystem für Verwaltungsleistungen Online (NAVO). Jedes Formular der jeweiligen Kommune muss dann so angepasst sein, dass es auch jeder nutzen und verstehen könne. Das biete alles Erleichterungen, aber ganz ohne Papier und persönliches Erscheinen werde man dann doch nicht auskommen. „Zum Glück können Trauungen noch nicht online vollzogen werden und einen Personalausweis braucht man ja auch immer noch persönlich“, so Hellwig augenzwinkernd. Bei der Digitalisierung ginge es auch nicht darum, Personal abzubauen, im Gegenteil sollen Arbeitsabläufe dadurch produktiver gestaltet werden. „Wir sind eine kleine Verwaltung mit 22 Mitarbeitern und ich kenne nahezu jeden Posteingang“, so Hellwig „das wird zukünftig wohl etwas gefiltert werden“. Die Altersstruktur der Mitarbeiter liegt zwischen 21 Jahren und Mitte 50. Voraussichtlich würden in den nächsten Jahren immer wieder ein bis zwei Mitarbeiter in Rente gehen. Dennoch sei man in der Lage, den Übergang zu gewährleisten. Jüngere Mitarbeiter seien im Gegensatz zu den „Alten Hasen“ natürlich eher an Online-Verfahren gewöhnt. „Aber die älteren Mitarbeiter verfügen über Jahrzehnte langes Fachwissen, was auch nicht zu unterschätzen ist. Das kann kein Computer ersetzen“, betont Hellwig, der die Umstellung als spannenden Prozess bezeichnet. Dann wenn Behörden untereinander kommunizieren müssen, müssen die Systeme sich auch verstehen.

Ob der mindestens 250 Seiten lange Haushaltsplan der Samtgemeinde, zukünftig auch nur digital erscheine, sei noch die große Frage. Noch sei es sogar so, dass dieser Haushaltsplan in Papierform in dreifacher Ausfertigung zur Genehmigung zum Landkreis Göttingen geschickt werden müsse. Irgendwann, so zumindest Hellwigs Hoffnung, habe man nur eine Datenfassung im Landkreis. „Ich hoffe trotzdem, dass wir nicht zu einem Online-Händler werden, und dass wir immer noch ein Gesicht vor Augen und den Bürgerkontakt haben. Ein Gespräch wird online nicht ersetzen“, so Hellwig.

 

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