Kultur / Rezensionen

11.08.2021

Landschaftliche Idylle, menschliche Abgründe


Jean-Luc Bannalec liest bei Mordsharz aus „Bretonische Idylle“

von Christian Dolle

Ein gutes Buch ist immer auch ein Stück weit Urlaub vom Alltag, eine Reise für die Fantasie und die Seele. Inwieweit das auf Krimis zutrifft, kann diskutiert werden, doch gerade in den letzten Jahren erfreuen sich Krimis, die an Sehnsuchtsorten spielen, einer großen Beliebtheit. Das gilt auch und insbesondere für Jean-Luc Bannalecs Reihe und Kommissar Dupin, der in der Bretagne ermittelt. 

Der aktuelle Roman „Bretonische Idylle“ ist auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, wohl eben nicht nur wegen des inzwischen zehnten Falles für Dupin, sondern auch, weil er die Leser auf die Belle-Île vor der französischen Atlantikküste entführt. Die größte der bretonischen Inseln spielt die eigentliche Hauptrolle, ist jedenfalls mehr als bloße Kulisse für einen Mord. 

Der Mord wird an einem reichen Schafzüchter verübt, der auf der Insel, auf der jeder jeden kennt, alles andere als beliebt war. Dennoch muss Georges Dupin sich erst einmal mit den lokalen Gegebenheiten und Verstrickungen vertraut machen, bevor er auf die richtige Spur kommt. Hat alles mit einer Windkraftanlage zu tun, die die Insel energetisch unabhängig machen soll? Oder mit zwei Mehiren, die jedes Jahr ein Stück weiter aufeinander zuwandern und von denen die Legende besagt, dass es schlimme Folgen hat, wenn sie sich einst treffen? Oder hängt es vielleicht mit der Verehrung für Schauspiellegende Sarah Bernhardt zusammen, deren Geist irgendwie noch immer über allem hier zu schweben scheint?

Im Buch geht es natürlich um den Fall, sicher, denn sonst wäre es ja kein Krimi, es geht aber immer auch um die Insel, um die Natur dort, um Sagen, um Kulinarisches, um die Bretagne eben. Kein Wunder, denn neben den Krimis von Jean-Luc Bannalec ist inzwischen auch ein bretonisches Kochbuch erschienen, ein Band mit bretonischen Sagen sowie ein Bildband mit den Schauplätzen. Und verfilmt wurden die Bücher natürlich auch schon.

Jörg Bong, so der bürgerliche Name Bannalecs, wurde für sein Engagement für die deutsch-französischen Beziehungen geehrt, ist Ehrenmitglied der Académie littéraire de Brettagne und steht somit nicht nur für den Krimi, sondern mindestens ebenso für seine Liebe zur Bretagne und macht in den Romanen keinen Hehl daraus, wie wichtig ihm diese Facette seines Schreibens ist.

So beginnt „Bretonische Idylle“ mit einer eindrucksvollen Szene, in der Dupin im Meer schwimmt und über das unendliche Blau des Himmels und des Ozeans philosophiert, die ineinanderfließen, als  er sich plötzlich Auge in Auge mit einer Robbe wiederfindet, die von ihm ebenso fasziniert scheint, wie er von ihr. An anderer Stelle geht es dann um die unzähligen Gelb- und Orangetöne in der Abendsonne, also immer auch um Bilder, die der Autor entstehen lässt, Urlaubspostkarten geradezu. 

Der Mordfall hingegen entwickelt sich alles andere als harmonisch. Zwar geht es nicht so rasant oder brutal zu wie in vielen aktuellen Thrillern, doch natürlich blickt Dupin auch hinter die Fassade, in tiefe menschliche Abgründe. Dabei wirken diese wie alle Nebenfiguren durchaus lebensecht und gerade diese Gegenüberstellung von landschaftlicher Idylle und menschlichen Schwächen lässt beides umso stärker wirken. 

Es ist vermutlich nicht gänzlich falsch, Bannalecs Bücher als Regionalkrimis zu bezeichnen, weil sie nun einmal Lust auf die Region machen, ganz ähnlich wie viele Harzkrimis ja auch auf die vielseitige Natur und die Mystik hier im Harz neugierig machen. Oder eben, wie Mordsharz mit Lesungen an verschiedenen ausgewählten Orten neben der Literatur ein Stück weit auch den Tourismus im Blick hat. 

Jean-Luc Bannalec liest am Donnerstag, 16. September, ab 21 Uhr in der Goslarer Kaiserpfalz, definitiv auch ein Ort, der zur besonderen Atmosphäre des Festivals beiträgt. Vor ihm ist ab 18 Uhr Tatjana Kruse mit Schwund“ zu Gast, anschließend ab 19.30 Arno Strobel gemeinsam mit Dietmar Wunder und seinem „Mörderfinder“. 

Mehr Infos und alles rund ums Festival gibt es unter www.mordsharz-festival.com

Das vollständige Programm:

Mittwoch, 15. September – Harzlandhalle Ilsenburg
15 Uhr
Christoph Dittert / Jörg Klinkenberg
„Die Drei ??? und die schweigende Grotte“

19.30 Uhr
Preisvergabe „Harzer Hammer“

20 Uhr
Sebastian Fitzek
„Der Heimweg“

Donnerstag, 16. September - Kaiserpfalz Goslar
18 Uhr 
Tatjana Kruse
„Schwund“

19:30 Uhr
Arno Strobel / Dietmar Wunder
„Mörderfinder“

21 Uhr
Jean-Luc Bannalec / Uve Teschner
„Bretonische Idylle“

Freitag, 17. September – Museum Tabakspeicher Nordhausen
18 Uhr
Stille Hunde 
„Friedrich Glauser: Der alte Zauberer“

19:30 Uhr
Marc Elsberg / Dietmar Wunder
„Der Fall des Präsidenten“

21 Uhr
Arne Dahl / Peter Lontzek
„Vier durch Vier“

Samstag, 18. September – ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried
18 Uhr
Alex Beer
„Das schwarze Band“

19:30 Uhr
Andreas Gruber
„Todesschmerz“

21 Uhr
Bernhard Aichner
„Dunkelkammer“ / „Gegenlicht“

Sonntag, 19. September – Kaiserpfalz Goslar
18 Uhr
Roland Lange
„Harzhunde“

20 Uhr
Klaus-Peter Wolf / Bettina Göschl
„Rupert Undercover – Ostfriesische Jagd“

 

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