Sport

14.07.2021

All-Inclusive-Urlaub gegen Schlagloch-Rallye getauscht


Daniela und Jürgen Ernst nehmen im August mit dem Fiat Scudo mit Baujahr 1998 an dem Pothole Rodeo durch den Balkan teil

Daniela und Jürgen Ernst aus Nienstedt nehmen an dem „Pothole Rodeo“ quer durch den Balkan teil - Spenden für einen guten Zweck werden gesammelt

...von Herma Niemann

Ein weißer Kastenwagen Baujahr 1998, 230.000 Kilometer auf dem Tacho, nur ein Airbag, die Fenster sind zum kurbeln und dazu noch eine schöne Patina aus Rost. Normalerweise wäre der Fiat Scudo von Daniela und Jürgen Ernst aus Nienstedt vielleicht eher ein Fall für den Schrotthändler.

Aber ein glücklicher Umstand will es, dass solche fast dem Schrott geweihten Autos im August diesen Jahres zu sehr begehrten Objekten werden. Dellen und Kratzer im Lack sind nämlich ausdrücklich gewünscht. Mindestens 20 Jahre alt müssen die „Hobel“ sein und unter 500 Euro in der Anschaffung dürfen sie nur gekostet haben, damit ihre Besitzer an dem immer beliebter werdenden „Pothole Rodeo“ durch den Balkan teilnehmen können. Daniela und Jürgen Ernst aus Nienstedt sind in diesem Jahr zum ersten Mal mit dabei.

Normalerweise machen die beiden auch eher Urlaub im Hotel. Aber die Videos im Internet über die vergangenen Rallyes hätten sie auf den Geschmack gebracht. „Es ist ein Abenteuer, die Teilnehmer haben viel Spaß und auch die Landschaft hat uns sehr beeindruckt“, sagt Daniela. Los geht es am 19. August mit der Fahrerbesprechung in Deutsch Goritz in Österreich. Start der Ralley ist ebenfalls dort einen Tag später. Danach folgen verschiedene Checkpoints in Bosnien Herzegowina, Montenegro, Albanien, Nord Mazedonien, Bulgarien, Rumänien und dann das Ziel in Belgrad (Serbien). Der Veranstalter dieser Rallyes ist der „BackRoadClub“, der unterschiedliche Touren für Auto und Motorrad in verschiedenen Ländern anbietet. Das „Pothole Rodeo“ (Pothole heißt auf Deutsch Schlagloch) führt in zehn Tagen durch elf Länder des Balkans, währenddessen müssen drei Höhenzüge und 4.000 Kilometer Strecke bewältigt werden. Positiver Nebeneffekt, bei den Rallyes werden Spendengelder für einen guten Zweck gesammelt.

Die Autos müssen durch Flussbetten fahren, Feldwege und Pass-Straßen passieren, und manchmal begegne einem auch schon mal ein Bär am Straßenrand, so Jürgen „wir wollten mal etwas Besonderes in unserem Jahresurlaub erleben“. Diese Abenteuer-Rallyes finden seit 2014 statt. „Das Ziel ist es, gemeinsam durchzukommen“, sagt Daniela „die Gemeinschaft und das Kennenlernen unterschiedlicher Kulturen steht im Vordergrund“. Und damit jeder annähernd die gleichen Voraussetzungen hat, gibt es eben diese speziellen Bedingungen für die Fahrzeuge. Geringer Einsatz, großes Abenteuer. „Low Budget“, also ein geringes Budget für jeden Teilnehmer ist der Zugang zum Schlagloch-Abenteuer. „Es fördert die Kreativität der Teilnehmer schon im Vorfeld und lässt keine Klassenunterschiede zu. Weniger Einheitsbrei, mehr Individualismus“sagen die Veranstalter.

Jede Etappe beginnt an einer organisierten Kontrollstelle und mit einer Fahrerbesprechung. Zwischen den Etappen gibt es freiwillige Routenempfehlungen, die über besonders abenteuerliche Straßen oder Orte führen. Ebenso freiwillig sind die Tagesaufgaben. Diese haben den Zweck, Land und Leute besser kennenzulernen. Das Ganze soll vor allem Spaß machen und im Vordergrund steht, dass es sich bei den Rallyes nicht um einen Geschwindigkeits- oder Leistungs-Wettbewerb handelt. Daniela und Jürgen nennen sich das „Team Harz“ (Startnummer 158) und wollen auf dieser Tour auch so viel wie möglich von der Landschaft mitnehmen und unter anderem auch im Schwarzen Meer baden. Die Teilnehmer können auch mal einen Tag Pause machen, dann müssen sie natürlich versuchen, die Kilometer am nächsten Tag aufzuholen. „Umgerechnet sind es 400 Kilometer am Tag, das ist ja eigentlich nicht viel, aber fahr die mal durchs Übungsgelände“, so Jürgen humorvoll. Rund 120 Autos und mehr als 250 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind in diesem Jahr bei dem „Pothole Rodeo“ dabei. Um die Übernachtungsmöglichkeiten haben sich Daniela und Jürgen im Vorfeld noch keine Gedanken gemacht. Das werde von den Veranstaltern auch nicht empfohlen. Dennoch gibt es Listen mit Übernachtungsmöglichkeiten in den verschiedenen Orten. Daniela und Jürgen haben Schlafsäcke dabei und auch ein Zelt. Aber in dem Kastenwagen könne man auch eine Matratze legen und dort schlafen.

Neben dem Spaß für die Teilnehmer ist den Veranstaltern aber auch das Spendenprojekt wichtig. Zusammen mit der „Child-Care-Africa“-Entwicklungshilfe engagiert sich der „BackRoadClub“ für die Errichtung einer Vorschule in Marokko (nahe Agadir). In 2019 sind alleine mit dem „BackRoadClub“ durch die Teilnehmer des „Pothole Rodeos“ über 25.000 Euro an Bargeldspenden für die Charity-Projekte zusammengekommen. In Marokko hat die „Child-Care-Africa“-Entwicklungshilfe begonnen gemeinsam mit den Dorfgemeinschaften diese dringend benötigten Bildungseinrichtungen zu bauen. Vorschulen sind deshalb so wichtig, weil die marokkanischen Kinder zwei Schriften (arabische und lateinische Schriftzeichen) und zwei Sprachen (Französisch und Arabisch) lernen müssen. Ohne den Besuch einer Vorschule ist ein weitergehender Schulbesuch nur schwer zu bewältigen.

Jürgen will dem Fiat Scudo vor der Abreise noch einen Dachgepäckträger verpassen. Mit an Board sind dann auch Werkzeug und Ersatzreifen. „Auch wenn der Wagen schlapp machen sollte, irgendwie kommen wir schon wieder nach Hause, entweder mit dem ADAC oder mit der Bahn“, sagt Daniela hoffnungsvoll „und wenn es uns gut gefällt, machen wir nächstes Jahr die große Revolution-Tour mit“. hn

Wer spenden möchte, kann sich auf der Homepage www.backroadclub.com informieren. Daniela und Jürgen haben die Startnummer 158. Infos über das Charity Projekt in Kooperation mit „Child-Care-Afrika“ gibt es unter www.cild-care-afrika.de.


Der BackRoadClub verspricht mit seinen Rallyes jede Menge Spaß und Abenteuer in alten Autos oder auf alten Motorrädern

 

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