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12.03.2021

Der Famillienentlastende Dienst: ein Gewinn für Kinder und ihre Eltern


Mutter Yvonne Biel mit der Tochter Lara, die gerne wieder die Freizeitangebote des FeD besuchen möchte

Seit einem Jahr können allerdings wegen der Corona-Krise keine Freizeitangebote mehr stattfinden / Ehrenamtliche Helfer werden gesucht

von Herma Niemann

Lara ist 18 Jahre alt, eine junge Frau. Und wenn sie lächelt, ist das für ihre Eltern und ihre Großeltern das Schönste auf der Welt. Dann wissen sie, dass es ihr gut geht und dass sie Spaß hat. Lara hat von Geburt an einen Gen-Deffekt und leidet an dem NARP-Syndrom. Das NARP-Syndrom bezeichnet eine erblich bedingte mitochondriale Dysfunktion, die sich durch Beeinträchtigungen der Neuropathie (Nerven), der Ataxie (Störung der Bewegungskoordination) und durch eine Netzhautdegeneration bemerkbar macht.

Sie sitzt im Rollstuhl und kann sich nur durch Gestik oder Mimik mitteilen. Genauso wie allen Menschen momentan die sozialen Kontakte unter den Corona-Beschränkungen sehr fehlen, macht sich das auch bei Lara bemerkbar, sagt ihre Mutter Yvonne Biel in einem Gespräch mit unserer Zeitung. „Sie kann es zwar nicht aussprechen, aber seitdem nach langer Zeit die Förderschule der Lebenshilfe am Kastanienplatz wieder losgegangen ist, sei Lara ganz aus dem Häuschen gewesen, sagten ihre Betreuer“.

Viel Freude zeigte Lara auch immer bei den Angeboten und Aktionen des „Familienentlastenden Dienst“ (FeD) der Lebenshilfe, die sie regelmäßig schon seit ungefähr zehn Jahren wahrnehme. Doch aufgrund der Corona-Krise können beim FeD schon seit einem Jahr bis auf die Einzelbetreuung keine Freizeitangebote und keine gemeinsamen Wochenenden stattfinden. Das sei bitter für die Kinder, aber auch für ihre Eltern, so die Leiterin des FeD und des Familienzentrums in Herzberg, Iris Schmitz.

Denn wie der Name schon sagt, werden durch diesen Dienst der Lebenshilfe zum einen die Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen in ihrem Alltag etwas entlastet, aber zum anderen finden diese Kinder dort auch wichtige soziale Kontakte zu anderen Kindern. „Die Stimmung in unseren Angeboten ist immer großartig“, schwärmt Schmitz. Die Kinder würden ihre Freude ganz unverblümt zeigen, und es herrsche dort immer eine sehr schöne und ausgelassene Stimmung.

Beim FeD ginge es um die ganz normale Teilhabe am Leben wie bei allen anderen Kindern und Jugendlichen auch. „Gerade die Jugendlichen wollen irgendwann nicht mehr mit ihren Eltern losziehen, sondern sich mit anderen Jugendlichen treffen, das ist ganz normal“, so Schmitz augenzwinkernd. Die Angebote des FeD reichen von der Freizeitgruppe für Jungen und junge Männer, sowie für Mädchen und junge Frauen, über weitere Freizeitgruppen wie Bowling bis hin zu Ausflugsfahrten in den Wildpark Christianental oder zum Weihnachtsmarkt.

An sechs Wochenenden können sich die Kinder und Jugendlichen zum Übernachten in den Räumen des FeD im Familienzentrum in der Hindenburgstraße in Herzberg anmelden. Schmitz hat die Aktionen bereits für dieses Jahr geplant, allerdings sei nach wie vor auch in diesem Jahr die Durchführbarkeit noch fraglich. Besonders beliebt seien die Übernachtungen an den Wochenenden, die immer unter einem bestimmten Motto stünden, wie „Bewegung und Wellness“, „Unter den Sternen“, „Poolparty“ oder „Gartenparty“. „Das sind Angebote für die Seele und für das Selbstbewusstsein der jungen Leute“, betont Schmitz.

Durch die vielfältigen Angebote entstehe aber sozusagen auf beiden Seiten eine Win-Win-Situation. „Die Kinder und Jugendlichen haben Spaß mit Gleichaltrigen, und die Eltern erfahren für ein paar Stunden Entlastung vom sonst anstrengenden Alltag“. Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen seien rund um die Uhr enorm gefordert, und durch den FeD hätten sie auch mal Zeit für sich und brauchen sich in dieser Zeit auch keine Sorgen um ihre Kinder machen. „Eltern können mal Luft holen“, sagt Schmitz.

Seit einem Jahr geht das nun in dieser Form nicht mehr. Wie andere auch, nutzen Lara und ihre Eltern aber einmal die Woche das Angebot der Einzelbetreuung des FeD, das unter den gegeben Hygiene- und Abstandsregeln immer noch möglich ist. Dann kommt eine ehrenamtliche Betreuerin nach Hause, geht mit Lara spazieren, liest ihr vor oder schaut mit ihr gemeinsam Kataloge oder Fotoalben an. Ein großer Vorteil sei, dass man in dieser Region zum Glück doch sehr ländlich wohne, und auch unter der Corona-Krise zumindest draußen alle Freiheiten habe, so Laras Mutter.

Um die Angebote des FeD aber in der gewohnten Qualität weiterhin aufrecht erhalten zu könne, fehle es noch an weiteren ehrenamtlichen Helfern, so Schmitz. Eine bestimmte Vorbildung sei nicht nötig, da es hierbei um kein therapeutisches Angebot handele. Schön wäre eine Vorerfahrung sowie der Spaß und Empathie beim Umgang mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen mit Beeinträchtigungen, so Schmitz. „Die Chemie muss stimmen“, so die Leiterin „und die Kinder und Jugendlichen geben viel Lebensfreude zurück“. Den zeitlichen Rahmen beziffert Schmitz mit zwei bis drei Stunden pro Woche, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird. Diese ehrenamtliche Tätigkeit mache sich auch gut für den Lebenslauf, zum Beispiel für Schüler der Berufsbildenen Schulen, die im sozialen Bereich tätig werden wollen.

Den FeD der Lebenshilfe gibt es schon seit ungefähr 30 Jahren. Angefangen habe damals alles mit der Einzelbetreuung, so Schmitz. Ungefähr in den vergangenen zehn Jahren sind die unterschiedlichen Gruppen dazu gekommen, wie auch die Ferienfreizeiten. Das Ferienprogramm organisiert Schmitz jedes Jahr zusammen mit der Stadt Osterode und der Stadtjugendpflege von Herzberg. Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen nutzen das Angebot im Einzugsgebiet von Bad Sachsa bis Bad Grund. Der Dienst hat momentan 25 ehrenamtliche Betreuer.

Der Familienentlastende Dienst (FeD) unterstützt Familien mit chronisch kranken oder beeinträchtigten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ehrenamtliche Mitarbeiter werden dringend gesucht für die Aufgabenbereiche individuelle Betreuung im häuslichen Umfeld, Gestaltung von Freizeitaktivitäten, Gruppenbetreuung oder Begleitung von Ferienfreizeiten. Für die flexiblen Einsatzzeiten in der Woche und an den Wochenende wird eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Weitere Informationen bei der Leiterin des FeD, Iris Schmitz, unter der Telefonnummer 05521-73899-68.


Die Leiterin des FeD, Iris Schmitz

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Das Haus des FeD im Familienzentrum in der Hindenburgstraße in Herzberg

Gemütliche Gruppenräume laden die Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen zum Spaß haben ein

 

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