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25.02.2021

Dorster feiern 2022 den 1000sten Geburtstag ihres Dorfes


Andreas Nackunstz (li.) und Hartmut Launhardt sind nicht die einzigen, die schon im Dorster Jubi-Fieber befinden

...von Petra Bordfeld

Vor fünf Jahren hoben an Dorfgeschichte interessierte Bürger den Heimat- und Geschichtsverein Dorste aus der Taufe. Dabei ging es auch schon darum, herauszubekommen, wie alt diese Ortschaft ist. Auf der Suche nach Antworten auf die Mund-zu-Mund-Geschichte, dass Dorste wohl 1 000 Jahre besteht, trafen die HGVler Dr. Niels Petersen vom Institut für historische Landesforschung der Uni Göttingen. Und der stieß auf Urkunden, die auf das Jahr 1022 hinweisen. Also stand fest, dass 2022 ganz im Zeichen der 1000-Jahr-Feier stehen wird.

„Wir freuen uns, dass die Schüttenhoff-Gesellschaft das große Fest, welches ja in diesem Jahr stattfinden sollte, nicht um ein Jahr, sondern auf 2023 verschoben hat“. Damit könne man weiter an dem schon längst eingeplanten Jubel-Fest „schmieden“, so der erste Vorsitzende Hartwig Launhardt und der Geschäftsführer Andreas Nackunstz.

Denn die beiden stehen zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern, dem zweiten Vorsitzenden Frank Armbrecht, der Kassenwartin Sonja Jonas und dem Organisationswart Ingo Dunemann, schon längst in den Startlöchern und haben schon einiges auf den Weg gebracht.

Corona mache es zwar alles andere, als leicht, konkrete Absprachen zu treffen. Aber schon vor Beginn der Pandemie habe man bereits zu zwei Info-.Veranstaltungen geladen gehabt. Die dritte sei allerdings Covid 19 zum Opfer gefallen.
Die Frage nach der „Geburtsstunde“ der Ortschaft wurde nicht auf Eis gelegt. Karl Wedemeyer schlug als Antwortengeber Dr. Niels Petersen vor, und genau der sprang auf den Historienzug auf, um am Ende ein Gutachten zu erstellen, aus dem die 1 000 Jahre hervorgehen.

Aber nicht „nur“ der Fachmann aus Göttingen wurde um Hilfe gebeten, sondern auch die Dorfbevölkerung. Gesucht wurden beispielsweise alte Dokumente, Bilder und Urkunden. Diese wertvollen Erinnerungen wurden per Internet archiviert und den Besitzern zurückgegeben.

So tauchten Bilder auf, welche so gegen 1900 entstanden sind. Aber auch Ansichtskarten aus dieser Zeit ließen die Augen der HGVler erstrahlen. Überaus vielsagende Altenteilerverträge aus frühen Zeiten fehlten ebenso wenig. „Wer noch geschichtliche Dinge finden sollte, der kann sich gerne bei einem von uns melden“, so Andreas Nackunstz.

Denn es soll sorgsam eine Chronik erstellt und auch eine Fotoausstellung durchgeführt werden. In der könnten unter anderem Straßen und Häuser gezeigt werden, wie sie vor langer Zeit mal ausgeschaut haben.

Gefeiert werden soll das ganze Jahr 2022, da dürfen die Dorster und Gäste nicht bloß zuhören, sondern auch mitmachen. Der große Festakt wird Pfingsten ausgerichtet. „Wir gehen davon aus, dass bis dahin das Dorfgemeinschaftshaus wieder bewirtschaftet wird“. In jedem Fall werden Mitstreiter/innen und Aktive gesucht, die sich tatkräftig in dieses Dorfjubiläum mit einbringen wollen.

An dem Rahmenprogram wird noch kräftig gearbeitet. Denn vor und nach Pfingsten soll unter anderem zu Vortragsveranstaltungen geladen werden, in deren Mittelpunkt durchaus die Geschichte der Dorster Gaststätten stehen könnte. „Schließlich haben die Älteren viel zu erzählen und die Jüngeren dürften stauen“. In jedem Fall werden Termine und und Themen rechtzeitig bekannt gegeben.

Man könnte aber durchaus mit den Mädchen und Jungen des Dorster Kindergartens etwas auf die Beine stellen. „Es bietet sich an, ein Gartengrundstück in der Schlehkuhle zusammen mit den Kindern zu bewirtschaften und am Ende die Ernte einzubringen“.
Ganz fest steht allerdings schon, wie es Pfingsten, vom 4. bis zum 6. Juni, aussehen wird.

Am Samstag, 4. Juni, wird zum Festkommers geladen, wo neben Grußworten und einem Festvortrag auch das „Niedersachsen Sound Orchester“ zu hören sein wird.
Am Pfingstsonntag ist dann ein "stehender Festzug"  fest eingeplant, bei dem die Besucher nicht die Straßenränder säumen, sondern die verschiedensten Stationen im Dorf aufsuchen, die möglichst historische Dorster Themen darstellen sollten. So könnte sich beispielsweise der Schüttenhoff ebenso ins rechte Licht rücken, wie die Lichtenstein-Höhle, altes ansässiges Handwerk, König Georg V. , der 30jährige Krieg oder Dorster Sagen. Weiter sind Mitmachaktionen für Kinder ebenso geplant wie Kirchenbesichtigungen.

Fest steht schon jetzt, dass die Freiwillige Ortsfeuerwehr Einblicke in die Brandbekämpfung von vorgestern gewähren und die Osteroder Pankgrafen biwakieren werden. Überhaupt werden in den etwa 20 Stationen auch Vereine und Gewerbetreibende die Möglichkeit erhalten, sich darzustellen und Werbung in eigener Sache zu betreiben.

Weiter ist fest geplant, dass vier bis fünf Musikkapellen an festgelegten Orten jeweils ein etwa 30 Minuten währendes Konzert geben werden. Doch nach der ersten halben Stunde wird jede Kapelle ihre Instrumente nicht vollends einpacken, sondern sich im Uhrzeigersinn zur nächsten Station begeben.

Bei all den Aktivitäten werden aber mit Sicherheit weder Durst noch Appetit vergessen. Um beides zu stillen, wird eine "kulinarische Meile" in den Angerhöfen aufgebaut. Dort werden beispielsweise Thomas Beushausen mit seinem Dorster Kesselbräu, Konditor Norbert Bruchmann und Ulf Jäger mit ihrem Backhaus Gäste verwöhnen.

Der Tag wird mit einer Party in der Festhalle des DGH zu Ende gehen. Hier konnte bereits der in Dorste bestens bekannte DJ Rainer Schneidewind verpflichtet werden.
Der Pfingstmontag wird etwas ruhiger verlaufen. Zuerst wird zum Gottesdienst und danach zum gemeinsamen Frühstück in der Festhalle geladen. Für den leckeren Ohrenschmaus wird des Dorster Feuerwehrmusikzug sorgen. Ein buntes Vorführungsprogramm wird der Langeweile keine Chance geben.

Wer noch ein wenig mehr über den Heimat- und Geschichtsverein sowie über dessen Erlebnisse und Vorhaben erfahren möchte, sollte einfach mal folgend Mail-Adresse anklicken: www.hgv-dorste.de.

Dr. Niels Petersen und wann Dorste erstmals erwähnt wurde

Im Fall Dorste zeigen vorgeschichtliche Funde, dass am Ort schon sehr lange gesiedelt wurde. Die Ermittlung eines konkreten Datums der ersten schriftlichen Nennung des Ortes gestaltet sich hingegen schwierig. Es kommen vor allem zwei Belege infrage. In der Lebensbeschreibung des Meinwerk (Bischof von Paderborn 1009-1036) wird Dorste unter den Schenkungen genannt, die das Bistum zu Meinwerks Zeit erhielt. Als zweiter Beleg dienen Urkunden, die auf das Jahr 1022 datiert wurden und die den Ort (oder Teile davon) dem Besitz des Hildesheimer Michaelisklosters zuordnen.

Meinwerks Lebensbeschreibung: Die sogenannte „Vita Meinwerci“ wurde zwischen 1155 und 1165 verfasst. Trotz der langen Zeit zwischen Meinwerks Tod und der Aufzeichnung des Textes lässt sich an vielen Stellen zeigen, dass der Verfasser auf originale Urkunden der Zeit zurückgegriffen hat. Berichtet wird, dass eine Herrin Dudica nach dem Tod ihres Mannes ihren Besitz in Dorste (in der Vita: Dorstedi) und anderen Orten der Paderborner Kirche vermachte. Zeuge war unter anderem ein Graf Gerbert. Der Eintrag trägt kein Datum, lässt sich jedoch zumindest über den Grafen ziemlich sicher in den Zeitraum 1017-1025 datieren.

Urkunden für das Kloster St. Michaelis in Hildesheim: Der Hildesheimer Bischof Bernward (Bischof von 993-1022) setzte Güter seiner Familie ein, als er das Michaeliskloster in Hildesheim bei dessen Gründung mit Besitz ausstattete. Ob Bernward der Familie der Immedinger oder der Ludolfinger zuzuordnen ist, ist umstritten. Beide Familien verfügten jedenfalls über Besitz im Harzvorland. Adalbero, Bernwards Großvater mütterlicherseits, war zudem Pfalzgraf von Sachsen und Graf im Liesgau, in dem Dorste lag. Der Abt des Michaelisklosters wurde 1022 eingesetzt, ein Grundstein des Klosterbaus datiert auf das Jahr 1010.

Die betreffenden Urkunden, in denen Dorste genannt wird, stammen wie die Niederschrift der Meinwerksvita erst aus dem 12. Jahrhundert. Sie wurden quasi nachträglich auf 1022 datiert, und sind damit formell sogenannte Fälschungen.

Wie geht man nun mit den „gefälschten“ Hildesheimer Urkunden um, die immerhin ein konkretes Datum liefern würden? Zum einen wurden im Mittelalter zahlreiche Urkunden von Institutionen fabriziert, die nicht vom genannten Aussteller geschrieben wurden. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass der wiedergegebene Inhalt immer erdacht und damit falsch war. Vielmehr schien man solche Urkunden beispielsweise neu zu erstellen, wenn die alten beispielsweise in einem der zahlreichen Brände oder Fehden verloren gegangen waren. Hintergrund war der Wunsch, den Besitz oder bestimmte Rechte, weiterhin möglichst „echt“ zu dokumentieren. Große Einrichtungen ließen sich daher diese unechten Urkunden neu von Fürsten und Königen bestätigen und besaßen damit erneut echte Exemplare.

Im Hildesheimer Fall kann man davon ausgehen, dass eine Art Güterverzeichnis zugrunde lag, auf dem die Urkunden aufbauen. Detlev Hellfaier datiert dieses mögliche Verzeichnis auf 1022-1037. Einen Hinweis auf die Glaubwürdigkeit bietet einmal die Namensform Dorstedi, wie sie auch in Paderborn gebraucht wurde, und zum anderen die Nennung des Grafen Udo als Herr über das Liesgau, der dort ab 1013 in anderen Dokumenten belegt ist.

Wenn man nun davon ausgeht, dass die Stiftung der Dudica zwischen 1017 und 1025 getätigt wurde und Besitz in Dorste beim Michaeliskloster zwischen 1022 und 1037 nachzuweisen ist, so überschneiden sich diese Zeiträume in den Jahren 1022 bis 1025. Es ist daher unter Berücksichtigung der zahlreichen Unsicherheiten und Indizien durchaus legitim, ein Ortsjubiläum auf 1022 zu feiern, in dem Wissen, dass hier auf ein Jubiläum gefeiert wird, welches auf eine schriftliche Nennung lediglich des Ortsnamens zurückgeht und dass die Ortsstätte ohnehin schon Jahrhunderte vorher besiedelt war, wie archäologische Funde zeigen.

 

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