Kultur

19.02.2021

Gut gecovert


Creepypasta-Vertoner im Internet

von Christian Dolle

Wenn der Tag sich dem Ende neigt, es draußen längst dunkel ist und der Mond seltsame Schatten durchs Fenster wirft, gibt es jene Menschen, die sich gerne Gruselgeschichten anhören und in ihrer Fantasie in schauerliche Welten eintauchen. Gerade in den letzten Jahren erlebt die klassische Schauergeschichte eine kleine Renaissance, und zwar im Internet.

Dort hat sich eine Szene herausgebildet, die Horrorgeschichten erzählt, verbreitet und auch verändert. Eben ganz so, wie auch in früheren Zeiten Begebenheiten, die anderen die Haare zu Berge stehen ließen, von einem zum anderen weitergetragen wurden. Nur passiert das inzwischen eben nicht mehr nur durchs Erzählen, sondern in speziellen Foren oder beispielsweise auch auf Youtube.

Creepypastas nennen sich diese düsteren Erzählungen, das Wort setzt sich aus „creepy“ für gruselig und Copy and Paste zusammen. Es sind Geschichten, deren Autoren bewusst nicht so sehr auf Urheberrechte pochen, weil sie es eben als Hobby ansehen und weil sie wollen, dass der Schrecken verbreitet wird. So gibt es Foren, auf denen Creepypastas veröffentlicht werden, für andere zum Lesen oder aber zum Vertonen.

Viele dieser Vertoner nutzen Youtube, um dort entweder schlicht eingelesene Geschichten oder sogar ziemlich aufwendig produzierte Hörspiele hochzuladen. Dabei ist oft erstaunlich, wie professionell diese sind, wie viel Zeit und Liebe zum Detail die Macher in ihr Hobby stecken. (Der Eseltreiber berichtete erst kürzlich über „Gore Steiner German Creepypasta“.)

Es ist eine kleine und relativ überschaubare Szene, doch einige Kanäle haben mehrere tausende oder zehntausende Abonnenten. Auch der bekannte Horroryoutuber „Creepy Pasta Punch“ hat mit eben diesen Creepypastas angefangen und schreibt und vertont auch heute noch ab und zu, inzwischen für mehr als eine Million Abonnenten.

Natürlich geht es auch viel kleiner, so beispielsweise auf meinem eigenen Kanal, auf dem ich ebenfalls häufig eigene Horrorgeschichten hochlade. Andere veröffentliche ich in schriftlicher Form im Creepypasta-Wiki, einem Forum, in dem sie dann durchaus von anderen entdeckt und mitunter vertont werden.

Es ist noch nicht lange her, da wurde ich völlig überrascht als ich eine meiner Geschichten als Vertonung im „Albtraumarchiv“ entdeckte. Wie gesagt, es gibt dieses Einvernehmen über die Nutzung der Geschichten und jeder ist natürlich froh, wenn etwas anderen gefällt und jemand es weiterverbreitet.

 

Bei einer anderen Geschichte wurde ich von jemandem angeschrieben, den ich zuvor noch nicht kannte (Best German Creepypasta) und gefragt, ob ich mit einer Vertonung einverstanden bin. Natürlich, denn es ist ja auch spannend, den eigenen Text von jemand anderem interpretiert zu hören.

 

Ab und zu schreibe ich auch die „Großen“ der Szene an und frage, ob sie Lust haben, sich mal wieder eine meiner Storys vorzunehmen. In diesem Fall war ich von dem, was „Hellscythe German Creepypasta“ aus der Geschichte machte, völlig begeistert.

 

Eine ganz besondere Vertonung ist jene von „SeelenSplitter German Creepypasta“, bei der ich schon beim Schreiben ihre Stimme im Kopf hatte und die Geschichte unbedingt von ihr hören wollte. Wie gesagt, man kennt sich untereinander, zumindest online, und das macht eben auch den Reiz aus und all das zu einem wunderbaren Hobby.

 

Anzeige