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28.01.2021

Der Physiker Tom Spötter betreibt seit 32 Jahren ein Tonstudio


Tom Spötter hat in seinem Haus ein kleines Tonstudio eingerichtet, in dem er die Grundarbeit für die Blues-Schallplatten durchzieht

...von Petra Bordfeld

„Ich hätte in meinem studierten Beruf arbeiten können, da hätte ich bestimmt mehr Geld, aber wesentlich weniger Spaß“, Worte des Dipl. Physikers Tom Spötter, dessen erstes Tonstudio fließend Wasser von den Wänden und keine Fenster hatte. Zwar ist besagtes Studio in der Stadt zu finden, wo er auch studiert hat, nämlich in Göttingen, sein Zuhause ist aber in Bad Grund gelegen.

Im Prinzip hat er studiert, um eine feste Grundlage für die Berufswelt zu legen. Da er sich aber bereits seit dem 16ten Lebensjahr der Musik verschrieben und immer in Bands gespielt hat, merkte er schon beim Studium, dass dies nicht das Richtige war. Denn er besuchte nicht ausnahmslos Studiensäle, sondern produzierte mit anderen 60`sGarage-rock. Die Musiker der damaligen Band bekamen einen Plattenvertrag beim Berliner Twang-Label und ein kleines Budget für ihre erste LP.

Also wurde sich umgeschaut, wo man seine Musik vielleicht aufnehmen könnte. „Doch entweder waren die Studiobetreiber unfreundlich oder die Räumlichkeiten viel zu teuer“. Genau diese Situation sorgte für den Slogan „Das machen wir selber“. Tom Spötter kaufte den dafür benötigten „technischen Kram“, zu dem eine kleine Achtspurmaschine, ein Mischpult und Mikrophone gehörten.

Denn in Göttingen hatten sie bereits 1989 in dem beim Wochenmarktplatz nicht zu übersehenden alten Luftschutzbunker Räume angemietet. Darin. war es dunkel, kalt und feucht. Doch dieser Entschluss war der Start des Studios, das seit mehr als Zwanzig Jahren in der „Musa“,  dem mit seinen 5 000 m² größten soziokulturellen Zentrum im Landkreis Göttingen, zu finden ist. In beiden Studios fehlte es übrigens nicht an Musikern, die vernahmen, dass in Toms Studio gut zu finanzierende Aufnahmen möglich waren.

Die Nachfrage im Bunker sei schon so groß gewesen, dass er sich entschied, ein Gewerbe anzumelden „Wir fühlten uns bei fließend Wasser von den Wänden und ohne Licht wie Bergmänner unter Tage“, schmunzelte der Tontechniker. Aber immerhin waren die Wände so dick, dass sich niemand über Lärmbelästigung beschweren konnte. Seit dieses Bauwerk zu einem Spanischen Restaurant umgebaut wurde, sind in dem einstigen Tonstudio die Damen-Toiletten zu finden.

In den ersten Jahren, als das Studio noch am Wochenmarkt gelegen war, hatte Tom Spötter aber noch Nebenjobs, um seinen Traum am Leben halten zu können. So sei mal das "Junge Theater" auf ihn zu gekommen und hätte gefragt, ob er und seine Band Musik für eines ihrer Stücke machen könnten. Zwei Saisons erfüllten sie die Frage mit guten Klängen.

Als dann 1995 das Geburtsjahr des „Rex Richter Quintetts“ wurde geriet die Studioarbeit etwas in den Hintergrund. Denn die Band sollte sehr erfolgreich das Publikum mit auf ihre Reise durch die Zeit des Minirocks, der Schlaghosen, der Plateauschuhe und der Evergreens nehmen. „Wir waren überall und super erfolgreich“. Auftritte in der Türkei, Griechenland und Holland sowie in ganz Deutschland wurden zur Haupterwerbsquelle. Doch als vor rund 20 Jahren der Auftritt im Kongresszentrum Berlin zum Gastspiel auf einem Feuerwehrfest wurde, habe sich die Band aufgelöst. „Ich habe mich wieder ganz dem Tonstudio gewidmet“. Sollte sich erneut so eine Band gründen, wäre er mit Sicherheit wieder dabei.
Der Umzug in die Musa stand an. Und der habe bestimmt auch zur Freude der rund 50 dort probenden Bands stattgefunden. Sie seien sehr glücklich gewesen, dass ein Tonstudio, welches mittlerweile voll digital ausgestattet ist, seine Pforten im Jahr der Jahrtausendwende öffnen wollte. „All die, die in der Musa zu sehen und zu hören sind, sind ein wunderbares Team. Dort kann ich gut arbeiten, denn im Prinzip könnte man zu jeder Tages- und Nachtzeit produzieren“.

Bislang habe er zwar noch keine Bands oder Solisten mit großem Namen in seinem Studio begrüßten können, aber es bereite ihm gehörigen Spaß aufzunehmen, wer kommt. Ob das nun Punker, Jazzer seien oder aber der Chor der russisch orthodoxen Gemeinde Göttingen„Im Prinzip mache ich Querbeet alles.“ Es sorge immer wieder für viel Spaß mit gut gelaunten Leuten zu arbeiten, die sich darüber freuen, dass ihre Songs aufgenommen werden können. „Daraus haben sich auch viele Freundschaften entwickelt“.

Die Frage, ob er denn nicht den Beruf so richtig mit Lehrzeit hätte erlernen müssen, schüttelt er den Kopf. „Früher konnte man auf die Rundfunkschule gehen, aber das haben wohl eher wenige gemacht. Denn man lernt es beim Tun und dabei meist aus den Fehlern“. Anfangs sei es sehr anders gewesen, denn die Technik war groß, schwer und teuer. Bandmaschinen kosteten da schon mal 25000 Mark. Da heute alles über Computer laufe, sei es leichter und preiswerter geworden. „Deswegen gibt es heute auch weniger große Studios, denn oftmals wird das Wohnzimmer bei Musikern zum Studio verwandelt“.

Heute, genauer gesagt, seit März 2020, macht ihm die Corona-Pandemie zu schaffen, weil keiner ins Studio nach Göttingen kommen kann.Doch Langeweile kann sich trotzdem nicht breit machen. Denn er hat festgestellt, dass er auch Hörbücher prodzieren kann. so hat er beispielsweise Rita Sührigs Werk „Die Briefmarke“ in Arbeit. Andere warten darauf, nicht nur gelesen, sondern auch gehört zu werden.
Außerdem sind da noch unendlich viele Tonbänder, auf denen ein Freund Bluesaufnahmen festgehalten hat, die er vor rund 40 Jahren bei seinen Rundreisen durch die Vereinigten Staaten live aufgenommen hat. Diese sollen jetzt auf Schallplatten, nicht auf CDs, gepresst werden. Wenn alles digitalisiert ist, wird es wohl eine Schallplattenbox geben, welche durchaus nicht nur einmal gefertigt wird. „Das dauert aber noch“. In dem Zusammenhang lässt er durchblicken, dass seine Band, das obskure Trio „Heartburn Billy and his burning Harz“, das seit 2013 deutschsprachigen harzer Hillibilly mit Kontrabass, Ukulele, Gitarre und Gesang produziert, ebenfalls ausnahmslos Schallplatten herausgibt. „Für die, die keinen Plattenspieler mehr haben, legen wir aber eine CD bei“. Und sollte jemand über keine der Techniken verfügen, erhält dieser ein Liederbuch. „Wir haben uns für die Schallplatte entschieden, weil sie gut gemastert einfach viel besser klingt“.

Übrigens sollten die Jungs zu Walpurgis 2020 einen Auftritt in Bad Grund haben, der fiel aber Corona zum Opfer. Vermutlich dürfte das auch in diesem Jahr so sein, Tom Spötter geht aber fest davon aus, das die „Heartburn billy and his burning Harz“ zu Walpurgis 2022 ihren Auftritt in der Bergstadt haben wird.
Fest steh für ihn als Tontechniker jedenfalls: „So lange die Ohren mitmachen, mache ich weiter, Alter spielt da keine Rolle“.

 

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