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28.01.2021

Seit 20 Jahren: Struktur und Unterstützung für junge Menschen in der Schildwache


v.l: Das Team der Tagesgruppe Schildwache in Osterode: der pädagogische Leiter Wilfred Hartmann, Karin Rösler-Brandt, Anja Schimschal, Imke Grobecker, Lisa Katharina Schendler, André Kaschtanek und Natalie Sperling

Die Tagesgruppe Schildwache des Stephansstifts/Evangelische Jugendhilfe Oberharz hat in diesem Jahr Jubiläum

...von Herma Niemann

Vom gemeinsamen Essen bis hin zum Hausaufgaben-Ritual: Kinder und Jugendliche brauchen für ihre Entwicklung eine Tagesstruktur. In der heute oft schnelllebigen Welt können Eltern jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen oft an ihre Grenzen stoßen und die Kinder mit den Anforderungen an den Alltag überfordert sein.

Ein familienergänzendes Hilfsangebot sind die Tagesgruppen, die weniger massiv in die Lebenszusammenhänge der betroffenen Kinder und deren Familien eingreifen, aber dennoch intensive Fördermöglichkeiten bieten. Wie zum Beispiel die Tagesgruppen des Stephansstifts (Evangelische Jugendhilfe Oberharz).

In der Tagesgruppe Schildwache des Stephansstifts in Osterode finden Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren sowie deren Eltern bereits seit 20 Jahren Unterstützung und Förderung. Die Tagesgruppe öffnete am 1. Februar 2001 ihre Pforten. Das Ziel war, den jungen Menschen den Verbleib im gewohnten Lebensfeld und Sozialraum zu gewährleisten, denn vorher wurden schon in der Einrichtung in Clausthal-Zellerfeld viele Kinder und Jugendliche aus Osterode betreut, wie der pädagogische Leiter, Wilfred Hartmann, in einem Gespräch mit unserer Zeitung berichtet.

In die Tagesgruppe kommen Kinder, die Entwicklungsverzögerungen, Lern- und Leistungsprobleme sowie Probleme im Sozialverhalten aufweisen, und die Eltern Unterstützung bei der Wahrnehmung ihrer erzieherischen Funktion benötigen. Die Kinder werden unter anderem gefördert durch soziales Lernen in der Gruppe. Das Ziel: bestehende Probleme mit den Kindern und jungen Erwachsenen zu lösen und zukünftigen Krisen vorzubeugen. Dabei arbeitet das Team der Tagesgruppe kooperativ mit den Schulen, bietet Unterstützung im Bereich Lernen und Verhalten und arbeitet mit Therapeuten, Ärzten, Psychologen und anderen Einrichtungen in Osterode zusammen. Jedes Kind soll individuell gefördert werden. Der wichtigste Punkt dabei: Die Kinder verbleiben in ihren Familien und verbringen nur die Nachmittage in der Tagesgruppe. So können weiterhin Vereine besucht und auch andere Interessen der Kinder berücksichtigt werden.

Zum Team in der Tagesgruppe Schildwache gehören neben dem pädagogischen Leiter Wilfred Hartmann, die Teamleiterin Karin Rösler-Brandt (Sozialpädagogin), Anja Schimschal (Erzieherin), Imke Grobecker (Sozialpädagogin), Lisa Katharina Schendler (Erzieherin) und die Hauswirtschaftskraft Natalie Sperling, die auch für die Gruppe das Mittagessen zubereitet, wobei die regelmäßige Mahlzeit für die jungen Menschen einen besonderen Stellenwert besitzt. Zurzeit unterstützt der Duale Student André Kaschtanek das Team.

Anfang der 2000er Jahre habe sich zunehmend ein teilstationärer Bedarf in der Region entwickelt, berichtet Hartmann. Ein gemeinwesenorientiertes Angebot, dass sich als adäquates Hilfeangebot zwischen ambulanter und stationärer Betreuung etablieren konnte. Momentan sind acht Kinder zwischen neun und 13 Jahren am Nachmittag in der Tagesgruppe Schildwache. Direkt nach der Schule geht es dorthin, um 13.30 Uhr wird gemeinsam Mittag gegessen und anschließend werden die Hausaufgaben gemacht. „Wir unterstützen die Kinder, fördern ihre Fähigkeiten aber auch, um selbstständiger zu werden“, so Teamleiterin Karin Rösler-Brandt.

Des Weiteren nutzt das Team der Tagesgruppe die Möglichkeiten in und um Osterode. Wandern in der Natur und im Wald, Schwimmbadbesuche, erlebnispädagogische Angebote, aber auch schon mal eine gemeinsame Apfelernte und das anschließende Saftpressen gehören zum Programm. Alles sind Freizeitangebote, die den Kindern auch neue Horizonte weiter öffnen sollen. Ein sorgenfreies Kind-Sein und Momente der Leichtigkeit als Gegenpol zu den Verarbeitungsleistungen, die die Kinder zu ihren natürlichen Entwicklungsaufgaben bewältigen müssen, auch das bietet der Tagesgruppenalltag.

„Wir gehen analoge Wege, ohne das Digitale zu verdammen“, betont Hartmann „wollen den Kindern aber auch Alternativen zeigen, dass es noch etwas anderes gibt, als nur beide Daumen vor der Spielkonsole zu bewegen“. Der heutige Alltag ist geprägt durch eine wachsende Schnelllebigkeit, die auch für Eltern eine zunehmende erzieherische Herausforderung bedeutet. „Wichtig ist uns, das die Eltern als die wichtigsten Experten ihrer Kinder angesehen werden, Wertschätzung und Respekt gilt es ihnen entgegenzubringen “, so Hartmann weiter.

Viele Faktoren würden heutzutage zu einer großen und manchmal auch unüberwindlichen Herausforderung für Eltern, und das durch alle sozialen Schichten hinweg. „Wir wollen den partnerschaftlichen Dialog, und die Eltern gehen den Weg, weil sie erkannt haben, dass Hilfe benötigt wird“, ergänzt Rösler-Brandt. Der Auftrag für eine Betreuung erfolgt stets durch das zuständige Jugendamt, das die Maßnahme auch finanziert – außerdem ist ein Jugendhilfeantrag der Eltern erforderlich.

Halbjährlich finden deshalb auch Hilfsplangespräche in der Tagesgruppe mit dem Jugendamt, den Eltern und den Kindern statt, um Fortschritte und Perspektiven gemeinsam zu erörtern. Die Kinder und Jugendlichen werden motiviert, an diesen Gesprächen teilzunehmen. Partizipation ist hier ein wichtiger Punkt, denn die Kinder sollen am Entscheidungsprozess beteiligt werden, und sie sollen erfahren, dass sie ernst genommen werden. Das alles geschieht nach dem Prinzip Fördern und Fordern. „Wir suchen gemeinsam mit Kindern und Eltern nach Lösungen, denn sie sind immer die eigentlichen Experten für ihre eigenen Belange“, erklärt Anja Schimschal.

Der Bedarf an Zuwendung ist sehr hoch, so Imke Grobecker. Manchmal könne man den Kindern schon eine große Freude damit machen, dass sie zum Geburtstag ein kleines Geschenk oder einen Kuchen erhalten. Wichtig dabei ist dem Tagesgruppen-Team jedoch, dass es nicht in Konkurrenz treten will zu den Eltern.

Aufgrund der Corona-Krise habe man im vergangenen Jahr leider nicht so viele Aktivitäten veranstalten können. Aber es wurde zum gemeinsamen Wandern mit den Eltern eingeladen, damit diese sich auch kennenlernen konnten. Elternpaare oder Alleinerziehende sollen sich dadurch austauschen können. „Gemeinsame Aktionen fördern das Vertrauen und stärken das Miteinander“, so Lisa Schendler. Eine große Feier mit Eltern und Vertretern des Jugendamtes anlässlich des 20. Jubiläums könne zwar wegen Corona nicht stattfinden, aber dennoch will das Tagesgruppenteam zusammen mit den Kindern ein wenig feiern.

 

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