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12.12.2020

„Wenn Corona vorbei ist, wollen wir gerne wieder nach Bad Grund“


Wie jeder andere Junge, liebt auch Geuko Pommes Frites

Die Niederländische Familie van Lang ist ein großer Fan der Bergstadt Bad Grund / Der Sohn Geuko hat inzwischen die Therapie in Baltimore erhalten.

...von Herma Niemann

Manch Fortschritt und Erfolg zeigt sich oft nur in kleinen Schritten, hat aber dennoch eine große Wirkung. Wie bei dem kleinen Geuko aus Winschoten/Niederlande. Der inzwischen Achtjährige leidet seit Juli 2016 an der „Akuten Schlaffen Myelitis“ (AFM). Ein seltener Virus hat die Nerven seines Rückenmarks angegriffen, was eine intensive Pflege zunächst in Groningen (Niederlande), dann in Hamburg und ab 2017 für mehrere Monate im Klinikum in Brandenburg an der Havel nach sich zog (wir berichteten).

Das Leben der jungen Familie veränderte sich damals innerhalb von 48 Stunden auf dramatische Weise. Dabei wechselte der Zustand des damals vierjährigen Geuko von kerngesund in eine Abhängigkeit. Der Junge konnte seitdem nur noch das rechte Bein und die linke Hand bewegen, muss künstlich beatmet werden und sitzt in einem Rollstuhl. Die Familie van Lang ist schon lange ein großer Fan von der Bergstadt Bad Grund und hat ihre Urlaube immer gerne im Harz verbracht. Geuko liebt besonders den Brocken und die Brockenbahn. Sehr gern hört der Junge auch die Geschichten der Mythen aus dem Harz und die Sagen über den König Hübich aus Bad Grund. Lange Zeit war an einen Urlaub für die vierköpfige Familie jedoch nicht zu denken.

Auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet der Vater Gert Jan van Lang, dass Geuko im vergangenen Jahr die für ihn lebenswichtige Therapie in Baltimore/USA erhalten habe. Da die Krankenkasse diese Therapie nicht anerkennt und die Kosten dafür nicht übernimmt, hatte die Familie Spenden gesammelt und die benötigte Summe in Höhe von 205.000 Euro zusammen bekommen. Diese „active based restorative therapy“ zur Wiederherstellung neurologischer Defizite gibt es nur in den USA. Vater und Sohn flogen gemeinsam für zwei Monate nach Baltimore. Wie Gert Jan van Lang nun berichtet, habe die Therapie kleine Erfolge bewirkt. Dort durchlief der Junge ein intensives Programm, unter anderem mit mehreren Physiotherapie-Blöcken von zwei Stunden pro Tag und einer Stunde Ergotherapie. Inzwischen könne Geuko mit Unterstützung von Prothesen zeitweise eigenständig sitzen und auch ein paar Schritte laufen. Auch die Beweglichkeit seiner Hände habe sich verbessert. Ebenso konnte der Rhythmus der Beatmungsmaschine reduziert sowie Rücken und Hüfte minimal stabilisiert werden. „Der Fortschritt steckt in kleinen Dingen. Und manchmal geht man auch mal drei Schritte zurück, um wieder einen vorwärts zu kommen“. Eigentlich müsste der kleine Geuko noch einmal eine solche Therapie durchlaufen, dafür wäre aber wieder das Sammeln von weiteren Spendengeldern nötig. Eine weitere Möglichkeit der Behandlung zeigte sich auch in Philadelphia/USA. Ein gemeinnütziger Verein, Shriners International, hatte Anfang März diesen Jahres der Familie bereits die Kostenübernahme zugesagt für verschiedene Untersuchungen und Tests, ob Geuko eventuell für eine spezielle Form der Transplantation von Sehnen, Nerven und Muskulatur in Frage käme. Die betreffende Muskulatur an Geukos Schulter, Ellenbogen und Hand seien durch die Erkrankung stark geschädigt worden, wie der Vater erklärt. „Wir hätten nur den Flug zahlen müssen, die Untersuchungen und auch die Transplantation nicht“, berichtet er „aber dann kam die Corona-Krise, und wie fast überall fuhren die Krankenhäuser auch in den USA nur auf das Nötigste herunter. Ausländische Patienten durften sowieso nicht mehr in die Krankenhäuser rein“.

Sollte es zu einer Transplantation kommen, würde die Familie diese Entscheidung nur zusammen tragen. „Wir werden weitere Neurologen konsultieren, und sollte dies eine Möglichkeit sein, werden wir sie auch ergreifen“, sagt Gert Jan hoffnungsvoll. Weiter berichtet der Vater, dass Geuko montags, mittwochs und freitags ganz normal die Schule besuche. Für Dienstag und Donnerstag bekäme er Aufgaben für Zuhause. „Geuko kommt gut mit, auch wenn er in den vergangenen Jahren viel verpasst hat“. Und wie andere Menschen auch, wünscht sich die Familie van Lang, dass die Corona-Krise bald vorbei sei. Abstands- und Hygienebedingungen seien bis auf einige Ausnahmen ähnlich wie in Deutschland. „Überall, wo der Himmel zu sehen ist, brauchen wir die Mund-Nasen-Maske nicht zu tragen“, so der Vater, der die Entwicklung und Geschehnisse in der Bergstadt immer verfolge und von vielen Neuerungen, wie der Minigolfanlage gehört habe. „Wenn Corona vorbei ist, wollen wir gerne wieder nach Bad Grund reisen“.

Die Krankheit

Die Akute Schlaffe Myelitis/Acute Flaccid Myelitis (AFM) ist eine Variante der transversen Myelitis, einer seltenen neurologischen Erkrankung, die zu einer Gruppe von neuroimmunologischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems gehört und mit einer Entzündung des Rückenmarks einhergeht. Klinisch gesehen liegen Anzeichen auf Schädigung der unteren Motoneuronen vor. Bei den meisten Patienten wird eine schlaffe Lähmung festgestellt.

Wodurch die Krankheit ausgelöst wird, ist nach wie vor unklar. Die Beschwerden ähneln den Symptomen bei Infektionen mit bestimmten Viren, wie zum Beispiel dem Polio-Virus.


Geuko und seine Familie sind große Fans der Bergstadt Bad Grund

Der achtjährige Geuko (links) mit seinem fünfjährigen Bruder Gijs

 

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