Regionales / Harz

10.11.2020

„Bärenbruch“ soll renaturiert werden


Johannes Thiery ist Ansprechpartner für Naturdienstleistungen im Forstamt Reinhausen.

Auf dem rund 40 Hektar großen Gebiet soll die ursprüngliche Vegetation mit einem Bruchwald entstehen/ Fläche ist als Kompensationsleistung für Eingriffe in Natur und Landschaft zertifiziert

von Herma Niemann

Buntenbock. Intakte Moore haben eine herausragende Bedeutung für den Naturhaushalt und den Klimaschutz. Gleichzeitig bieten Moore einen besonders wertvollen Lebensraum und beherbergen artenreiche, teilweise stark bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

In den kommenden Jahren soll der „Bärenbruch“, südöstlich vom Bärenbrucher Teich in Buntenbock gelegen, renaturiert und zu einem Gebiet mit der ursprünglichen Vegetation eines Bruchwaldes umgebaut werden. Ein Bruchwald (der Begriff „Bruch“ steht für „Feuchtgebiet) ist ein permanent nasser, sumpfiger Wald.

Mit der Übergabe der Urkunde der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Goslar als zertifizierte Kompensationsleistung für Eingriffe in Natur und Landschaft kann nun der Startschuss für das Projekt der Revierförsterei Riefensbeek fallen.

Als einen außerordentlich schönen Termin bezeichnete der Forstamtsleiter Max Schröder die Zusammenkunft am vergangenen Freitag vor Ort. Mit dabei waren auch der erste Vorsitzende des Harzklub Zweigvereins Buntenbock, Jürgen Notdurft, sowie Hermann Josef Reinartz von der Stabsstelle Stadtplanung und Stadtentwicklung der Stadt Clausthal-Zellerfeld.

Seit drei Jahren sei man dabei die Maßnahmen zu planen, damit der „Bärenbruch“ wieder wie früher aussehen könne, leitete Schröder ein. „Es wird hier eine Zeit lang anders aussehen, aber dann wird es jeden Tag schöner. Wir freuen uns schon darauf, die Entwicklung zu beobachten und darauf, wie die verschiedenen Arten reagieren. Das wird auch viele Wanderer erfreuen“, so der Forstamtsleiter.

Der Projektleiter und Ansprechpartner für Naturdienstleistungen, Johannes Thiery (Forstamt Reinhausen) erläuterte zunächst den geschichtlichen Hintergrund. Man befände sich in dieser Gegend um den „Bärenbruch“ sozusagen in einem „Hot Spot“ der Bergbaugeschichte, sagte Thiery. Vor 80 bis rund 95 Jahren seien an dieser Stelle für den Bergbau zahlreiche Fichten auf dem insgesamt 40 Hektar großen Areal angepflanzt worden, da gegen Ende der ersten Bergbauperiode kein Holz für die Verhüttung mehr vorhanden war. Aus diesem Grund wurden in diesem Gebiet rund 6.000 Meter an Gräben angelegt, um das Wasser für die Anpflanzung der Fichten aus der Fläche zu ziehen.

Damit ein Bruchwald und Moorfläche entstehen könne, müssen die Gräben wieder verschlossen und die Fichten entfernt werden, damit sich das Stauwasser wieder in der Fläche verteilen könne. Das noch vorhandene Moor werde damit vor der Zersetzung geschützt, sodass sich die Moor-Moose wieder ausbreiten können, wie die unterschiedlichen Torfmoose und ebenso auch die seltenen Sumpf-Veilchen und Walzen-Seggen. Anschließend können sich nach und nach Erlen, Moorbirken, Ebereschen, Weiden und Aspen wieder ansiedeln.

Momentan sei die Moorauflage rund einen halben Meter stark. In gut zwei bis drei Wochen sollen die ersten Arbeiten beginnen. „Mit der Moorrenaturierung soll die Wiederbesiedlung des Moorrestes mit den typischen Lebensgemeinschaften ermöglicht werden“, so Thiery. Die ersten Jahre müsse man vielleicht hier und da etwas nachsteuern, langfristig brauche man sich aber dann nicht mehr drum kümmern. „Der CO2-Speicher in Mooren ist enorm und die Natur weiß am Besten, wie sie sich kleinstandörtlich entwickeln muss“, betonte Thiery.

Der Revierförster Dirk Franke erläuterte, dass die Fichten auf der Kernfläche des Areals von etwa 20 Hektar mittels eines Seilkranverfahrens entfernt werden müssen, da kein schweres Gerät auf dem moorigen Boden einsetzbar sei. „Das ist eine logistische Herausforderung“, so Franke, und das sowohl angesichts der Ausführung als auch finanziell gesehen, denn man rede hier von Kosten von rund 30 bis 40 Euro pro Festmeter. Im „Bärenbruch“ werden geschätzt rund 6.000 bis 7.000 Festmeter anfallen. In den Randbereichen, der weniger sumpfig sei, könne allerdings der Harvester eingesetzt werden. Anschließend komme der Moorbagger zum Einsatz, der die jetzigen Wassergräben verschließe.

Susanne Heinrich von der Unteren Naturschutzbehörde bezeichnete das Vorhaben als extrem wertvoll, denn mit dem Projekt könne sich wieder eine reiche Artenvielfalt ansiedeln. „Je größer die Fläche, desto naturnaher kann sich die Mitte des Gebiets entwickeln“, so Heinrich „dann darf die Natur wieder Natur sein, so, wie es ursprünglich vorgesehen war“.

Der Moorschutz in Niedersachsen habe eine hohe Priorität, betonte der Sprecher der Landesforsten Region Süd, Michael Rudolph, und sei den Landesforsten eine Herzensangelegenheit. „Moorprojekte dienen auch dem Hochwasserschutz, da sie die Spitzen starker Niederschläge auffangen und abfedern“. Ab Mai des kommenden Jahres sollen die ersten „groben“ Arbeiten erledigt sein. Zudem ist geplant, das Fortschreiten der Entwicklung an bestimmten Messstationen zu dokumentieren, inklusive Wasser- und Luftdruck sowie mittels Fotoaufnahmen, die die Entwicklung der Vegetation aufzeichnen. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf mehrere Hunderttausend Euro.

 

Kompensationsleistungen/Naturdienstleistungen im Niedersächsischen Bergland

Bei Großprojekten wie zum Beispiel dem Bau einer Autobahn wird oftmals erheblich in die Natur eingegriffen. Auch wenn grundsätzlich das Vermeidungsgebot gilt, sind oftmals Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft unvermeidbar. Dann regelt Paragraf 15 des Bundesnaturschutzgesetzes, dass erhebliche Beeinträchtigungen durch angemessene Maßnahmen ausgeglichen werden müssen. Dazu muss die Funktion des betroffenen Lebensraums an anderer Stelle möglichst gleichwertig wiederhergestellt werden. Das Forstamt Reinhausen koordiniert und steuert die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen der Landesforsten in den Landkreisen Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Northeim, Göttingen, Goslar und Osterode. Seit 2005 sind Projekte zur Moor- und Bruchwaldrenaturierung, Bergwiesenrevitalisierung und Hutewaldentwicklung entstanden. hn

 

BU

1 Johannes Thiery ist Ansprechpartner für Naturdienstleistungen im Forstamt Reinhausen.

2 Johannes Thiery demonstriert die Speicherfähigkeit der Moormoose.

3 Die Fichten, die aufgrund der Entwässerungsgräben stelzenartig gewachsen sind, müssen für den geplanten Bruchwald weichen.

4 Im Zuge der Renaturierung sollen sich wieder viele Arten der Moormoose im „Bärenbruch“ ansiedeln.

5 Der Revierförster Dirk Franke erläuterte die Vorgehensweise mit dem Seilsystem.

6 Übergabe der Urkunde an Johannes Thiery durch Susanne Heinrich von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Goslar als zertifizierte Kompensationsleistung für Eingriffe in Natur und Landschaft.

 

Fotos Herma Niemann


Johannes Thiery demonstriert die Speicherfähigkeit der Moormoose

Im Zuge der Renaturierung sollen sich wieder viele Arten der Moormoose im Bärenbruch ansiedeln.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:



Die Fichten, die aufgrund der Entwässerungsgräben stelzenartig gewachsen sind, müssen für den geplanten Bruchwald weichen


Der Revierförster Dirk Franke erläuterte die Vorgehensweise mit dem Seilsystem


Übergabe der Urkunde an Johannes Thiery durch Susanne Heinrich von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Goslar als zertifizierte Kompensationsleistung für Eingriffe in Natur und Landschaft

 

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