Kultur

14.10.2020

Allroundtalent Rita J. Sührig weiß auch im Internet zu begeistern


Rita J. Sührig an ihrem Lieblingsmusikinstument

...von Petra Bordfeld

Im Prinzip ist das Allroundtalent allen Generationen in Osterode und Umgebung so bekannt, wie der oft zitierte bunte Hund. Dass ihre Stimme aber auch weltweit auf großes Interesse stoßen könnte, damit hat sie nicht gerechnet. Die Rede ist von der Dolmetscherin, Malerin, Schriftstellerin, Lehrerin und Sängerin Rita J. Sührig, die  jetzt auf verschiedenen Internet-Portalen mit Interpretationen von Songs des amerikanisches Sängers Tony DeSare Neuland betreten hat.

Dieses Multitalent versichert, dass sie schon von kleinauf nichts anderes als Sängerin werden wollte. Doch ihr Vater legte ihr nahe:  „Lern erst mal einen vernünftigen Beruf!“ 

Schmunzelnd erinnert sie sich an die Begegnung mit einer Osteroder Berufsberaterin in der Schule, der sie offenbarte, sie wolle  nicht nur Sängerin, sondern Koloratursopranistin werden wollte. Die Antwort hätte aus einem müden Lächeln bestanden. Sie solle erst einmal ein Instrument lernen und sich mit Musiktheorie beschäftigen.

Der Vater kaufte ihr ein Klavier. Auch ein Klavierlehrer war rasch gefunden. Doch dessen Mundgeruch habe sie dann erst einmal von Sängerinnen-Weg abgebracht. Da sie gut zeichnen konnte und sich für Mode interessierte, war der Beruf der Modezeichnerin eine weitere Option. Aber auch hier gab es Hürden: Zuvor müßte sie den Schneiderberuf erlernen.

Weil ihre Klassenkameradin und Freundin, Sigrid Harms, das Fremdsprachen- u. Dolmetscherinstitut in Göttingen besuchen wollte, schloss sie sich an. Der Vater zahlte das Schulgeld. Und so lernte sie Spanisch und Englisch. Nach erfolgreichem Abschluss als Fremdsprachenkorrespondentin ging sie nach London. „Schließlich wollte ich auch richtig Englisch sprechen können!“ Sie arbeitete als Zimmermädchen im Hilton Hotel für 15 Pfund pro Woche. „Das waren damals umgerechnet 45 DM. Für Miete des kleinen Zimmers, das ich mit einer Freundin teilte, zahlte ich schon umgerechnet 20 DM.“ Die Arbeitsbedingungen waren schlecht: „Wir Zimmermädchen war alles Ausländerinnen und es war echt Knochenarbeit mit viel Schikane!“ Also suchte sie das Gespräch mit Karl-Heinz Kukowski, einem Bekannten ihres Vaters und Chef des Springer Foreign News Service in Londons Fleet Street.

Weil sie sehr schnell Schreibmaschine schreiben konnte, setzte Kukowski sie als Fernschreiberin an den Ticker.  Nach zwei Jahren in der Redaktion in London meinte sie, gut Englisch zu sprechen und ging nach Deutschland zurück, wo sie am Englischen Institut in Heidelberg nach einem Studium weiterer zwei Jahre ihr Examen als Übersetzerin und Dolmetscherin für Englisch ablegtr.

„Jetzt glaubte ich, die Welt stünde mir offen!“ Sie bewarb sich als Stewardess bei der Lufthansa. „Den Job bekam ich nicht. Schuld daran waren wohl mit High Heels und die rot lackierten Fingernägel. Außerdem sei ich überqualifiziert.“
Viele Bewerbungen verschickte sie in alle Welt und erhielt einen Anruf aus Lausanne, Schweiz, wo ein Internationaler Christlicher Kongress vorbereitet werden sollte (International Congress for World Evangelization 1974)  Sie bekam den Job als Übersetzerin und Dolmetscherin. Beim Übersetzen der theologischen Texte stellte sie fest, daß sie sich überhaupt nicht in der Bibel auskannte.

Darum war die Übersetzungstätigkeit eine große Herausforderung und der Wunsch entstand, die Bibel besser kennenzulernen. Weil sie in Lausanne viele verschiedene christliche Glaubensrichtungen kennengelernt hatte, wollte sie kein konfessionell einengendes Studium anstreben und entschloss sich für die London School of Theology in England, in dem junge Menschen aus vielen verschiedenen Konfessionen und Ländern gemeinsam studierten. Dort legte sie nach drei Jahren das Diplom in Theologie ab, siedelte nach Berlin um und wurde in der Redaktion „Entscheidung“,  der deutschsprachigen Ausgabe von DECISION MAGAZINE der Billy Graham Evangelistic Association als Redaktionsassistentin und Übersetzerin eingestellt. Zusammen mit der Chefredakteurin, Dr. Irmhild Bärend, arbeitete sie zwei Jahre als kleines Redaktionsteam.

Inzwischen meldete sich der Wunsch nach einem Kind und sie überlegte, wie man Beruf und Kind miteinander verbinden könne.  So ging sie zum weiteren Studium nach Göttingen. Die ersten zwei Jahre studierte sie Anglistik und  Publizistik im Magisterstudiengang. Nach  bestandener Zwischenprüfung wechselte sie zum Lehramtsstudiengang Englisch, ev. Religion und Kunst für Haupt- und Realschulen. 1983 durfte sie sich als Alleinerziehende über die Geburt ihres Sohnes Simon-Christopher freuen.

An der Hauptschule Am Neustadter Tor in Osterode machte sie ihr Referendariat. „Die Schulleiterin von heute ist übrigens mit meinem Sohn zur Schule gegangen“, schmunzelt sie. 

Viele Jahre war sie an der Grundschule in Lasfelde als Klassenlehrerin tätig. Sie engagierte sich auch in der Lehrerfortbildung und war Fachberaterin für das Frühe Fremdsprachenlernen am Beispiel Englisch. Für Innovative Unterrichtsmethoden und ihr Singspiel „Noah´s Ark“ erhielt sie den Klett-Preis 2000. Später wechselte sie an die Hauptschule Neustädter Tor. Hier ist sie  bis zum Eintritt ins Pensionsalter geblieben. Sie ließ sich auch von der Heimtücke zweier Krebserkrankungen nicht ausbremsen. Mit der Krankheit kam die Lust zu malen. Viele Aquarelle entstanden, die u.a. auch in der Stadthalle Osterode ausgestellt wurden.
„Ich male nicht, um zu verkaufen“, sagt sie und fügt hinzu: „Kinder verkauft man ja auch nicht!“ Dennoch haben sich mehrere Käufer gefunden.

Vor 10 Jahren machte sie eine Ausbildung zur Bibelerzählerin am Michaeliskloster in Hildesheim. Ein wenig Schuld war ihr Vater. Der sagte mal zu ihr: „Warum sprichst du nicht so, wie du schreibst?“  Also schlüpfte sie in Rolle der Bibelgestalt. „Dann hat das ja mit mir als Rita Sührig nichts mehr zu tun.“ Die Baptistengemeinde in Herzberg ist so fasziniert von dieser Art der Erzählung, dass sie regelmäßig eingeladen wird. Aber auch bei Frühstücksveranstaltungen und anderen Gruppen im gesamten Kreis Göttingen ist sie gern gesehene Referentin. Seit über 10 Jahren ist regelmäßig sie als Bibelerzählerin im Altenheim St. Jacobi anzutreffen. Corona hat das leider unterbrochen. Auch Bibel TV lud  die Bibelerzählerin mehrfach ein.

Zwei Bücher „Menschen aus der Bibel - Lebendig erzählt im Hier und Heute“ hat sie geschrieben. Eines der Bücher hat sie ins Englische übersetzt und für Menschen auf Stick gezogen, die kein Buch in die Hand nehmen möchten oder können. Daneben hat sie das 300 Seiten umfassende in Dialogform geschriebene Buch „Un-Ehrlichkeit und Ehe - geht das?“ geschrieben mit diversen Lesungen.  Für die Deutsche Zentralbücherei für Blinde und Sehbehinderte in Leipzig hat sie auf eigene Kosten ihre mittlerweile 5 Bücher in einem Tonstudio in Göttingen eingelesen. „Als Liebesdienst auch für meinen Vater, der kriegsblind war.“

Bei alledem hat sie nie das Singen aus den Augen verloren. Schließlich hörte sie nicht nur einmal das Kompliment, dass sie eine so tiefe Stimme habe wie Zarah Leander. Mit dem Gitarristen Richard Chajec, bekannt als Richie von „Beat is back“, trat sie gemeinsam auf: in der Stadthalle Osterode und Göttingen. Auch eine CD mit 15 gemeinsamen Titeln entstand.

Vor fünf Jahren hörte sie erstmals die Stimme des in New York lebenden Musikers Tony DeSare und dessen Song „How I will say I love you“. Doch die Noten waren in Deutschland nicht erhältlich. Also schrieb sie den  in den USA sehr bekannten Künstler an. und erhielt tatsächlich Antwort. Doch nicht nur das! Er schickte ihr die ersehnten Noten mit der Erlaubnis, das Lied auch zu singen und als CD zu vertreiben. Jetzt musste sie „nur“ noch einen Pianisten finden, der sie begleitete. Sie hörte vom russischen Pianisten Boris Lipovski, der in Bad Lauterberg im „Revita“ spielte. Die Proben verliefen vielversprechend, doch dann erkrankte der Pianist. Aber Sührig suchte weiter. In der Baptistengemeinde in Herzberg fand sie Michael Gerner, Musiklehrer am Tilman Riemenschneider Gymnasium, der bereit war, sie zu begleiten. Und so kam es im vergangenen Jahr zum ersten gemeinsamen Auftritt in der Stadthalle Osterode unter dem Thema „Livemusik zur Kaffeestunde“.

Rita J. Sührig berichtete Tony DeSare davon, der anbot, sie von New York aus über das Internet auf seinem Klavier zu begleiten. Sie war begeistert! Er spielte die Klavierbegleitung und sie nahm den Titel im Göttinger Tonstudio auf. Mittlerweile singt sie aber nur das Original. Sie hat dazu einen deutschen Text mit dem Titel „Gib nicht auf“ geschrieben. Und genau das passt ihrer Überzeugung nach bestens in die Corona-Zeit. Tony DeSare sparte übrigens auch nicht mit einem Kompliment. Sie habe eine wunderschöne Stimme und er freue sich sehr über ihre Interpretaton.

Mittlerweile hat Sührig deinen dritten Titel aufgenommen: „How I feel for you“, auch ein Titel von Tony DeSare. Inzwischen sind ihre drei Titel in in 49 Ländern zu hören mit über 5 000 Streams auf Youtube, Spotify, Amazon und Deezer. Im Oktober wird Tony DeSare einen weiteren Song für das Osteroder Allround-Talent auf dem Klavier spielen. Man darf gespannt sein! „Wie bunt, klein und schön die Welt doch mit Musik ist“, so Rita J. Sührig. „Ich bin gespannt, was die Zukunft noch bringt!“


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