Kultur

09.10.2020

Ali im Land der Schneeflocken


Zunächst las Hans-Joachim Wildner (rechts) einige Passagen auf deutsch vor, dann Aiman Aldarwish die gleichen auf arabisch

Die Lesung aus "Ali und die Schneeflocke" war sehr gut besucht

...von Ralf Gießler

Im Rahmen der Interkulturellen Woche 2020, die bis in den Oktober hinein lief, hatten 30 Akteure aus der Stadt und dem Landkreis Göttingen ein abwechslungsreiches Programm namens "Vielfalt verbindet" auf die Beine gestellt. Eine Veranstaltung davon fand auch im DRK Familienzentrum Am Schilde in Osterode unter dem Motto "Zusammen leben, zusammen wachsen" statt.

Während der Öffnungszeiten des Zentrums bestand zunächst für Besucher die Möglichkeit, sich eine farbenfrohe Bilderausstellung des syrischen Künstlerpaares Aiman Aldarwish und Nasem Kasem anzusehen. Ein Angebot, welches gut angenommen worden ist, wie Joyce Spillner vom Familienzentrum berichtete. Darüber hinaus kamen an einem Nachmittag kleine und große Literaturfreunde bei einer Lesung auf ihre Kosten, zu der Kasem die Zuhörer begrüßte.

"Ali und die Schneeflocke" hieß das Kinderbuch aus dem vorgelesen wurde. Entsprungen der Feder des Schriftstellers Hans-Joachim Wildner. Während der Flüchtlingswelle vor einigen Jahren reifte beim gebürtigen Bad Lauterberger die Idee, ein Buch über das Thema Flucht zu verfassen: "Ich wollte mit meinem Buch zeigen, was eine Flucht aus der Heimat in ein fremdes Land gerade für Kinder bedeutet. Was noch meiner Geschichte fehlte, waren Bilder, die den Inhalt kindgerecht veranschaulichten." Bevor es jedoch auf die Suche nach einem geeigneten Illustrator ging, musste zunächst die Geschichte ins Arabische übersetzt werden.

Zum Glück fand Wildner per Internetaufruf einen Übersetzer, der sich von Syrien aus ans Werk machte. Illustriert wurde die Erzählung dann von Aiman Aldarwish. Aldarwish, selbst mit seiner Familie nach Deutschland geflohen, trug mit seinen anschaulichen Bildern zum Gelingen des Buches bei. Es entstand eine zweisprachige Erzählung, aus der einige Passagen bei der Veranstaltung im Familienzentrum von Hans-Joachim Wildner auf deutsch und Aiman Aldarwish auf arabisch vorgelesen wurden.

Ali ist neun Jahre alt, als in seiner Heimat ein Krieg ausbricht. Er ist traurig, sein Zuhause, seine Freunde und die Schule verlassen zu müssen. Besonders hart ist für ihn die Trennung vom geliebten Esel Mori. Was ihn wohl in Deutschland, dem Land der Schneeflocken und Ziel der Flucht, erwarten würde, ist eine der vielen Fragen, die sich Ali ein wenig ängstlich stellt. Um ihn etwas aufzumuntern, erzählt ihm seine Mutter, dass es in Deutschland im Winter schneit. Für jedes Kind falle einmal im Leben eine Schneeflocke vom Himmel. Wenn es dem Kind dann gelänge, sie aufzufangen und ihr einen Namen zu geben, bevor sie zu schmelzen beginnt, würde ein Wunsch in Erfüllung gehen.

Eine schön Geschichte, kindgerecht und einfühlsam geschrieben, die zwar ein ernstes, trauríges und bewegendes Thema beinhaltet, jedoch auch Zuversicht, Vorfreude und Hoffnung vermittelt. "Aiman Aldarwish und ich haben schon viele gemeinsame Lesungen abgehalten. Das Buch ist für junge Schulkinder gedacht, wir hatten aber auch schon Auftritte in Kindergärten", berichtete Wildner. Sehr gefreut habe er sich über die gute Resonanz der Lesung: "Alle Plätze waren besetzt, das hat mich überrascht und sehr gefreut." Zum Ende der Veranstaltung wurden noch Bücher signiert und zu Gunsten des Familienzentrums verkauft.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:



Einige der Zuhörer mit Joyce Spillner vom DRK Familienzentrum (hinten links)

Buchcover "Ali und die Schneeflocke"

 

Anzeige