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19.08.2020

Wolfgang Scheele prägte mit seinen Schafen und seiner Ponyzucht das Lerbacher Bild


Ortsbürgermeister Frank Koch (re.) überreichte als Zeichen des Dankes und der Anerkennung einen gut gefüllten Präsentkorb an Wolfgang Scheele

...von Petra Bordfeld

Auch wenn sein Leben von Schafen und der Zucht von deutschen Classic-Ponys geprägt war, möchte sich Wolfgang Scheele, jetzt zur Ruhe setzen. Während er nach fast 40 Jahren „tschüss“ zu seinen  35 Heidschnucken, die mit Mufflons gekreuzt waren, gesagt hat, traben noch vier Ponys durch seinen Alltag. „Aber auch die werde ich an die richtigen Menschen verkaufen“. Damit geht ein Stück Lerbacher Geschichte zu Ende.

Angefangen hat die 1982. Da  fasste er nämlich den Entschluss, mit einem Widder und zwei tragenden Schnucken die Wiesen im Oberdorf, den Hexenzipfel und auch den Skilift zu begrasen.  Wenn Vertreterinnen dieser Rassen-Kreuzung hornlos waren, ließen sie so manch einen Entdecker der Herde glauben, dass es Ziegen waren. Da war aber all die Jahrzehnte keine einzige zwischen.

1985 schloss sich den „Pulloverschweinen“ mit „Hazel „die erste Haflingerstute an, drei Jahre später die zweite. Die beiden Goldmähnen, die geritten und vor Kutschen gespannt werden konnten,  wurden dann 1993 erst von Shetlandponys und dann von deutschen Classic-Ponys abgelöst, die übrigens bis zu fünf  Zentimeter mehr Stockmaß haben dürfen, als die Shettys. 2017 war er übrigens Besitzer von 18 Ponys dieser Rasse, die durchaus ausschauen wie Vollblüter in Mini-Format.

„Schuld“ daran war die sehr hübsche Stute „Holly“. Weil sie mit einer Widerristhöhe  von 1,08 Meter als Dreijährige genau einen Zentimeter zu groß war, um als sportliches Shetty eingetragen zu werden, wurde sie auf der Bundesstutenschau ganz offiziell als  „Holly vom Hexenstieg“ als Classic Pony eingetragen. Sie war als solches sehr erfolgreich und sollte das erfolgreichste Showpony der Deutschen Classic Ponyzucht werden. Denn sie gewann mehrfach die Bundesstutenschau für Deutsche Classic Ponys und die Landesponyshows.

„Hillery“ sollte aber auch viele Auszeichnungen „absahnen“. Sie holte sich in ihrem Leben auf den  Bundestutenschauen die Plätze eins bis drei. Jetzt steht sie als Elite-Stute in Schleswig-Holstein, Ihre Tochter „Hella vom Hexenzipfel“ ist Staatspremienstute, außerdem hat sie einen gekörten Sohn Namens „Jasco vom Hexenzipfel“.

Die behuften Langbeine und die wolligen Wiederkäuer „rasierten“ die Lerbacher Rasenflächen im Oberdorf  so kurz, dass beispielsweise die Skiläufer ohne Schaden den Berg hinunter fahren konnten.

Wolfgang Scheele betonte im Gespräch, dass seine Frau Jutta den Weg der Tiere immer mitgegangen sei, seine Tochter übrigens auch so lange, bis sie ihren eigenen Lebensweg beschritten hatte. Die Zahl der hilfreichen Kinder sei außerdem erfreulich groß gewesen. „Nur das Kutschfahren war Jutta zu gefährlich“. Als sie vor drei Jahren verstarb, kam in ihm der Gedanke auf, alle vierbeinigen Freunde zu verkaufen. Jetzt hat er noch vier Ponys, darunter sind ein Jährling und zwei Wallache, die gerade zu Kutschpferden ausgebildet werden und die achtjährige Stute namens „Hella vom Hexenzipfel“, die von Sarah Hahn aus Lerbach geritten wird. Die mag gar nicht daran denken, dass Hella einmal nicht mehr da sein könnte.

Scheele, der übrigens das Pferdevirus von seinem Vater geerbt und in Förste auf dem Wallach „Vincent“ Reiten gelernt hat, ließ sich erst von der Schönheit der Classic-Pony-Stuten in den Bann ziehen. Weil er von denen auch Nachwuchs haben wollte, fuhr er mit ihnen von Gandersheim bis Hannover und in die Nähe von Leer zu Hengsten, die seiner Meinung nach die richtigen waren. „Ich hätte so weiter gemacht, wenn mir im Internet nicht  der  Hengst „East Dikes Joker“ begegnet wäre“. Man schrieb das Jahr 2010, als dieser Zuchthengst, der schon in der Nähe von Cuxhaven und Magdeburg gute Dienste geleistet hatte,  in Lerbach ein neues Zuhause fand. Ab diesem Jahr züchtete sein neuer Besitzer auf dem Ponyhof „Hexenzipfel“  mit sechs Stuten. Außerdem waren auch zahlreiche Stuten aus ganz Niedersachsen zu Gast. Seit 2018 steht „Joker“ allerdings in der Nähe von Goslar.

In jedem Fall sollte sich im Laufe der acht Lerbach-Jahre herausstellen, dass Wolfgang Scheele den richtigen Riecher gehabt hatte. Denn der Hengst war wirklich der absolute Glücksgriff! Er legte eine Leistungsprüfung ab, welche es zuvor in der Rasse noch nicht gegeben hat. Es war eine 9.3, zu der auch eine 10.0 in der Anlage als Kutschpony und eine 9.5 im Schritt und Trab zählten.

Seine  53 in Lerbach gezeugten Nachkommen  können sich aber auch sehen lassen. Denn alle wurden bei ihrer Eintragung prämiert. Zwei seiner Söhne wurden sogar gekört und drei Stuten mit dem Titel Staatsprämie geehrt. Sein erster Fohlenjahrgang belegte beim Fohlenchampionat in Steyerberg bei Nienburg die Plätze eins bis drei.

Sie fanden übrigens nicht nur in  in ganz Deutschland, sondern auch in der Schweiz und sogar in Russland ein neues zuhause. Mehrere Stuten wurden mit dem Titel Elitestute, Staatsprämienstute und Verbandsprämienstute ausgezeichnet. Die Ponys wurden von Kindern geritten und  im Fahren ausgebildet, sodass auch „normale“ Kutsch- und auch Hochzeitsfahrten angeboten werden konnten.

Zum Dank seiner Dienste,  überreichte Ortsbürgermeister Frank Koch dem Schäfer und Pferdezüchter in Anerkennung an die zahlreichen Jahre einen Präsentkorb.
Da Scheeles Arbeit in den vielen Jahrzehnten nicht „nur“ schwer, sondern auch sehr verdient gewesen war, ließ es sich Koch nicht nehmen, ihm höchstes Lob auszusprechen. „Ich kann das beurteilen, weil ich im Oberdorf wohne und ihn täglich bei der Arbeit beobachten konnte“. Er habe den Schäfer und Züchter von morgens früh bis abends spät gesehen, wie er nach seinen Tieren schaute, ihnen  durchaus auch mal Zusatzfutter zukommen ließ und Zäune flickte. „Dabei wurde keine Rücksicht auf das Wetter genommen“.

Wolfgang Scheele und auch die anderen Lerbacher Bürger müssen sich aber keine Sorgen um die Pflege der Wiesen im Oberdorf machen. Denn die Bergwiesen werden von den rund 1 000 Schafen des Schäfers Peter Schirmer aus Clausthal-Zellerfeld weiter gepflegt. pb
 
BILDTEXTE
Mit „Hazel“ begann das Pferdeleben bei Wolfgang Scheele.
„East Dikes Joker“ war nicht nur in Lerbach ein erfolgreicher Zuchthengst. Fotos: privat
„Hella vom Hexenzipfel“ wird zu Freude von Wolfgang Scheele noch von Sarah geritten.
Ortsbürgermeister Frank Koch (re.) überreichte als Zeichen des Dankes und der Anerkennung einen gut gefüllten Präsentkorb an Wolfgang Scheele. Foto: Petra Bordfeld
 

 

 

 

 

 

 


Mit Hazel begann das Pferdeleben bei Wolfgang Scheele.

East Dikes Joker war nicht nur in Lerbach ein erfolgreicher Zuchthengst

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Hella vom Hexenzipfel wird zu Freude von Wolfgang Scheele noch von Sarah geritten.

 

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