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28.07.2020

Teamgeist und Zusammenhalt im Vordergrund


Aufnahme aus dem Jahr 1924 mit Mitgliedern des Vereins Adler Hörden.

Anfang Juli wollte der Radsportverein Adler Hörden sein 100-jähriges Bestehen feiern. Wegen der Corona-Krise fallen die Festtage aus, sollen aber im kommenden Jahr nachgeholt werden.

von Herma Niemann

Fünf Minuten im Reigen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Und dennoch stehen bei den Hördener Radsportlern Teamgeist und Zusammenhalt im Vordergrund, wie der zweite Vorsitzende des Radsportvereins RSV Adler Hörden, Berthold Bode, in einem Gespräch mit unserer Zeitung sagt.

„So viel Teamgeist habe in anderen Sportarten nur selten erlebt, unsere Jugend fiebert mit den Mitstreitern mit, drückt die Daumen und tröstet sich gegenseitig, wenn mal etwas schief gegangen ist“. Sicher liegt es auch an diesem Teamgeist, dass der Radsportverein RSV Adler Hörden in diesem Jahr auf 100 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken kann. Eine großartige Leistung, die eigentlich Anfang Juli mit einem zweitägigen Festprogramm begangen werden sollte. Wegen der Corona-Krise und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen und Hygieneauflagen müssen die Festlichkeiten jedoch erst einmal ausfallen.

„Dass es den Verein schon so lange gibt, das ist schon eine tolle Leistung“, so Bode. Momentan hat der Verein rund 90 Mitglieder, etwa ein Viertel davon ist noch aktiv tätig. Wobei es sich bei den Aktiven zum Großteil um die Jugend handelt, die ihre athletischen Übungen auf dem Kunstrad oder dem Einrad vollführt. Im Laufe seiner Geschichte hat der Verein eine Wandlung vollzogen. Denn auch wenn der Verein vor 100 Jahren von jungen Männern gegründet wurde, sei die Sportart Kunstradfahren heute vor allem auch ein Mädchen- und Frauensport, so Bode.

Dieser Sport erfordere Geschicklichkeit und ein stetiges Trainieren der Übungsabläufe. Aber auch die ältere Generation ist nicht untätig und nimmt an den zweimal im Jahr stattfindenden Radwanderungen teil. Die Vereinsgeschichte beginnt, als 1920 mehrere junge Männer mit ihren Fahrrädern Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung unternehmen. Der ursprüngliche Name des Hördener Radsportvereins soll zu der Zeit "Klub Wanderlust Hörden" gewesen sein. Diese Radwanderungen waren die ersten sportlichen Betätigungen. Die Geselligkeit spielte jedoch damals im Vereinsleben eine noch größere Rolle als heute, es wurde zu Tanzvergnügen und anderen Zusammenkünften wie dem Kappenfest eingeladen.

Zur Bannerweihe im Jahr 1924 nannte sich der Verein um in „Radfahrer-Verein Adler“. Alle aktiven Mitglieder waren zwischen 15 und 30 Jahren alt. Ende der 1920er Jahre erfolgte eine erneute Umbenennung in „Arbeiter-Radfahrer-Verein Adler“ und schloss sich der Arbeiter-Sportbewegung an. Ab dem Zeitpunkt wurden auch die ersten Reigen mit Straßenfahrrädern gefahren. Karl Rettstadt und Heinrich Beushausen leiteten die Übungsabende. Unterstützung fanden die beiden bei den Radsportlern in Bad Lauterberg. Im Vordergrund der sportlichen Betätigung standen aber weiterhin die Wanderfahrten. Wanderziele waren unter anderem der Brocken, der Kyffhäuser oder Hannover.

Im Jahre 1928 schaffte der Verein die ersten Saalmaschinen an. So wurden die ersten Fahrräder genannt, die speziell zum Kunstradfahren und ohne Rücktritt ausgestattet waren. Seit 1931 wurden erstmals auch Frauen im Vereinsregister verzeichnet: Frieda Minne, Adele Rettstadt und Anna Bierwirth. 1933 wurde der Verein verboten. Hördener Nationalsozialisten verbrannten das Vereinsbanner. Von 1933 bis 1946 nahm der Hördener Turnverein die Radsportler unter seine Fittiche, wo es eine Saalmaschinen-Mannschaft gab.

Im Jahr 1947 wurde der Radsportverein Adler Hörden neu gegründet. Zum Vorstand gehörten Wilhelm Minne als erster Vorsitzender, Karl Rettstadt als zweiter Vorsitzender, Heinrich Minne als Schriftleiter, Ernst von Daake als Kassierer. Jugendleiter war Albert Minne. Erich Koch und Wilhelm Wehmeyer waren Gerätewarte. Über viele Jahre blieben die Vorstandsämter in gleichen Händen.

Im Jahr 1948 bestritt der RV Adler Hörden seinen ersten sportlichen Wettkampf. Die technische Ausstattung wurde nach und nach verbessert, vier neue Saalmaschinen und vier Einräder wurden angeschafft. 1953 nahmen die Hördener Radsportler zum ersten Mal an den Bundesmeisterschaften teil und errangen auf Anhieb Deutsche Meistertitel (zwei Bundesmeister, zwei zweite und einen vierten Sieger). Vorausgegangen waren bereits große Erfolge bei den Bezirks-, Landes- und Norddeutschen Meisterschaften und auch danach folgten kontinuierlich Erfolge.

Ein weiterer Höhepunkt im Verein war die Deutsche Meisterschaft der Vierer-Schülermannschaft im Jahre 1975 in Rüsselsheim in der Besetzung Heino Heidelberg, Holger Fahrendorff, Joachim Peters und Roland Beuershausen. 1977 konnte der Verein das 100. Mitglied begrüßen.

Zurzeit leitet Heinz-Eckard Fahrendorff schon seit mehreren Jahren als erster Vorsitzender den Verein. Das Training wird von Clarissa und Dieter Grüneberg sowie Sonja Henze geführt, nachdem sich Helmut Minne und Heino Heidelberg-Kröning so allmählich als Trainer in den verdienten Ruhestand verabschieden. Beide prägten nach ihrer eigenen aktiven Zeit als Sportler lange Jahre auch als Trainer das aktive Vereinsgeschehen und trugen so maßgeblich zu den sportlichen Errungenschaften bei. Helmut Minne hat dabei die Arbeit seines Vaters Wilhelm erfolgreich fortgesetzt und neben seiner Trainertätigkeit zusammen mit Dieter Grüneberg auch die Belange des Kunstradsports auf Landes- und Bundesebene entscheidend mit geprägt.

Die Jugend ist weiterhin erfolgreich und nimmt regelmäßig an Bezirks- und Landesmeisterschaften teil. Bei der Meisterschaft des Bezirks Braunschweig im Kunst- und Einradsport konnten fünf Podestplätze mit zwei Bezirksmeistern, einem Vizebezirksmeister sowie zwei dritte Podestplätze und weitere gute Platzierungen erzielt werden. Bezirksmeistertitel konnten neben Sonja Henze auch im 2er Kunstradsport die Schülerinnen durch Kimberley Johnson und Lena Gödeke erringen.

Auch wenn die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag in diesem Jahr ausfallen, plant der Verein, diese im kommenden Jahr nachzuholen. Unter der Voraussetzung, dass die Beschränkungen gelockert werden, peilt der Vorstand ein Wochenende im Mai oder Oktober an.

 

BU

Postkarte aus dem Jahr 1953: Die Hördener Teilnehmer an den Bundesmeisterschaften in Würzburg, wo Hörden erstmals zwei deutsche Meistertitel erringen konnte im 4er-Hochrad und im 4er-Einrad. Foto Archiv Radsportverein Adler Hörden

 

Aufnahme aus dem Jahr 1924 mit Mitgliedern des Vereins Adler Hörden. Foto Archiv Radsportverein Adler Hörden

 

Die heutige Jugendabteilung. Hier nach der Teilnahme an dem 4. Landespokalfahren im Herbst 2019. Foto Archiv Radsportverein Hörden


Postkarte aus dem Jahr 1953: Die Hördener Teilnehmer an den Bundesmeisterschaften in Würzburg, wo Hörden erstmals zwei deutsche Meistertitel erringen konnte im 4er-Hochrad und im 4er-Einrad.

Die heutige Jugendabteilung. Hier nach der Teilnahme an dem 4. Landespokalfahren im Herbst 2019

 

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