Panorama

09.07.2020

Das Leben ist kein Ponyhof – der Ponyhof aber auch nicht


Das Projekt Socialridersunited klärt über Mobbing im Reitsport auf

von Christian Dolle

Mareike ist Reiterin. Sie lebt ihre Leidenschaft natürlich auf dem Rücken der Pferde aus, aber ebenso auch im Internet, insbesondere auf TikTok. Dort ist sie eine sogenannte „Pferdeinfluencerin“, macht Videos für andere Reiter – und erntet dafür immer mehr Hass.

Dass social media für manche Menschen eine Möglichkeit ist, das Schlechteste aus sich herauszulassen, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Nirgendwo sonst gibt es so viele Anfeindungen, Hass und Negativität mehr oder weniger aus dem Nichts heraus. Die Reiterszene bildet da keine Ausnahme, immer wieder werden diejenigen, die sich öffentlich präsentieren für ihren Umgang mit den Tieren angegriffen, für einzelne Videos, aber auch für ihren Körper, ihre Persönlichkeit und was auch immer.

Gründe dafür gibt es wie bei allen Facetten des Mobbings und Cybermobbings keine, sie sind höchsten vorgeschoben, offenbar macht es sogenannten Hatern Spaß, ihre Opfer zu kritisieren und darin immer extremer zu werden. In Mareikes Fall gipfelte es darin, dass sie eines Tages von einer Followerin angeschrieben wurde, die sie auf eine Hate-Page gegen sie aufmerksam machte.

Mobbing ist eine Straftat

„Ich war schockiert, dass ich dort dermaßen angefeindet wurde“, sagt sie. Immerhin hatte sich ja jemand die Mühe gemacht, eine komplette Website zu erstellen, mit dem einzigen Ziel, die Reiterin zu diskreditieren. Sprüche wie 'Wenn man nicht reiten kann, soll man es lassen' fanden sich ebenso darauf wie Videos von ihr, die ins Lächerliche gezogen wurden und sogar die Aussage, ihr Pferd solle sie doch treten. „Wie emotional muss man da drin hängen, dass man sowas schreibt? Das ist für mich nicht verständlich“, sagt sie.

Umgehend machte sie Screenshots, um es anderen zu zeigen und letztlich auch, um Beweise zu sichern. Sie fand heraus, wer die Erstellerin war, sprach sie direkt drauf an, ihr nächster Weg führte sie jedoch zur Polizei, denn immerhin ist Mobbing und alles, was damit zusammenhängt, ein Straftatbestand. „Dort wurde mir erstmal geraten, nicht auf Provokationen einzugehen, dann wurde eine Anzeige aufgenommen und es ging seinen Gang“, berichtet sie. Zudem suchte sie sich einen Anwalt, der sie unterstützt, was letztlich daraus wird, ist derzeit noch offen.

Nun geht es Mareike aber nicht nur um ihren eigenen Fall, vielmehr wollte sie das Problem an sich im Netz thematisieren und wandte sich daher an Anni, die mit ihren Kanälen auf TikTok und auch auf Instagram und Youtube schon länger auf das Thema Missgunst und Hate aufmerksam macht.

Die Reitsportszene ist hoch toxisch

In der Reitsportszene im Netz gehe es hoch toxisch zu, meint Anni. Um bestehendes Konkurrenzdenken, unterschiedliche Auffassungen vom Reiten und persönliche Abneigungen nicht noch weiter zu vergiften, griff sie solche Dinge immer wieder in Comedyvideos auf, ihrer Meinung nach ein Weg, um ihre meist recht jungen Follower zu sensibilisieren. Doch gerade in der zurückliegenden Coronazeit habe sich alles noch zugespitzt, so dass es für sie unerträglich wurde.

„Es hat uns so mitgenommen, wie dort Reiter und vor allem junge User im Internet beleidigt werden“, sagt sie. Daher tat sie sich mit mehreren wie auch Mareike zusammen, denen ebenfalls Mobbing widerfahren ist, um das Thema endlich einmal publik zu machen und mit vereinter Stimme dagegen einzustehen.

In Videos wurden Tipps gegeben, wie mit Beleidigungen umgegangen werden sollte, doch das reichte ihr noch nicht. So wandten sie sich zunächst an die Deutsche Reiterliche Vereinigung, also den Dachverband aller Züchter, Reiter etc., der aber leider nicht reagierte. Folglich riefen sie ihr eigenes Projekt Socialridersunited ins Leben, um gemeinsam agieren und Aufklärungsarbeit leiten zu können.

Ein Zeichen setzen

Bis jetzt werden viele Ideen entwickelt und zusammengetragen, also steht sozusagen noch in den Sternen, ob ein gemeinnütziger Verein daraus entsteht oder in welche Richtung es sonst geht, doch der Grundstein ist gelegt. Ganz praktisch besteht dieser Grundstein aus dem Verkauf von Reitsportarikeln, mit denen nach außen ein Zeichen gesetzt werden kann und deren Erlös an Reitschulen etc. gespendet wird.

Für Anni wie auch für Mareike und all ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter ist der Umgang mit Pferden in erster Linie Harmonie. So soll auch der Reitsport ihrer Meinung nach von Harmonie geprägt sein, was aber eben nur möglich ist, wenn Hass und Mobbing ausgeräumt werden. Genau das ist das Ziel von Socialridersunited, das Mareike noch einmal ganz deutlich macht, wenn sie sagt: „Ich bin selber Mutter und ich möchte, dass meiner Tochter das, was ich erlebt habe, nicht passiert.“

Das komplette Interview gibt es hier:

 

Ein Video zum Projekt Socialridersunited gibt es hier:

 

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