04.07.2020

Corona-Geschehen Lager Friedland: Appell von Landkreis und Gemeinde


Landrat Reuter: Derzeit dürfen keine Personen aufgenommen werden

...LK Göttingen

Das Corona-Geschehen im Grenzdurchgangslager Friedland wird von Landkreis Göttingen und Gemeinde Friedland kritisch eingeschätzt. „Die Kapazitäten im Lager sind erschöpft. Raum für eine Quarantäne im Fall eines weiteren Corona-Ausbruchs gibt es nicht. Derzeit dürfen keine weiteren Personen im Lager aufgenommen werden“, macht Landrat Bernhard Reuter deutlich.

„Die Spätaussiedler kommen ungesteuert und ungetestet nach Friedland, das muss aufhören“, fordert Landrat Reuter: „Wir haben jetzt schon eine schwierige Situation. Ich lasse nicht zu, dass sie sich noch verschärft. Wenn der Bund nicht eingreift, werde ich einen Belegungsstopp für das Lager Friedland erwirken.“

Aktuell seien 61 Menschen im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch im Lager Friedland mit dem Corona-Virus infiziert, erläutert Kreisrätin Marlies Dornieden, Leiterin des Krisenstabes des Landkreises. Es handele sich um 51 Spätaussiedler sowie drei Asylsuchende und sieben Beschäftigte der Einrichtung und ihrer Dienstleister. Das sei unter anderem bei inzwischen drei Reihentests festgestellt worden. „Krisenstab, Gesundheitsamt und Landesaufnahmebehörde arbeiteten konstruktiv und zielorientiert zusammen, um den Corona-Ausbruch im einzudämmen“, berichtet sie. „Wir haben sofort reagiert und gemeinsam die Situation im Griff. Nicht in unserer Hand liegt jedoch, ob das so bleibt“, sagt sie mit Blick auf weitere Zugänge zum Lager. „Wir haben eine doppelte Verantwortung: Den Menschen in der Einrichtung zu helfen und die Bevölkerung vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen“, macht sie deutlich.

Das Grenzdurchgangslager sei ein Bestandteil der Ortschaft Friedland. Wenn die Situation in der Einrichtung nicht eingedämmt werden könne, drohe ein Übergreifen auf die Bevölkerung, beschreibt Gemeindebürgermeister Andreas Friedrichs: „Die Entwicklung sehen wir mit Sorge, wachsender Unruhe – und auch etwas Wut“, bringt er die Stimmung in der Gemeinde zum Ausdruck. Die Einbindung des Lagers in die Gemeinde spiegle die Toleranz und oftmals ehrenamtliche Hilfsbereitschaft der Menschen in Friedland wider: „Diese Stärke darf in der Corona-Pandemie nicht zu einem Schwachpunkt, zu einem Infektionsrisiko werden. Ehrenamtliches Engagement darf nicht auf dem Friedhof der Zuständigkeiten begraben werden. Der Bund muss jetzt handeln.“

Sollte der Bund nicht oder zu spät reagieren, erhoffe er Unterstützung durch das Land Niedersachsen, führt Landrat Reuter weiter aus. Gemeinsam mit Bürgermeister Friedrichs appelliert er an die Landesregierung, eine Lösung zu finden. „Während der Flüchtlingskrise 2015 hat die Landesaufnahmebehörde gezeigt, wie sie schwierige Situationen meistert. Diese Erfahrungen und diese Leistungsfähigkeit sind nun wieder gefordert“, bringt er es auf den Punkt.

Die Dringlichkeit des Appells unterstreicht der Landrat mit Hinweis auf die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz. Diese wird bundesweit als Richtwert für Beschränkungen herangezogen. Die Quote der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen dürfe für den Landkreis aufgrund des Corona-Ausbruchs im Lager Friedland nicht überschritten werden. „In 17 von 19 Gemeinden des Landkreises haben wir null bis maximal drei akut Erkrankte; die Stadt Göttingen hat höhere, aber stark rückläufige Zahlen. Unser einziger Hotspot ist das Lager. Ich nehme nicht hin, dass durch einen ungesteuerten Zulauf zum Lager die Quote über 50 steigt und die Menschen des Landkreises Beschränkungen auferlegt bekommen.“

 

Anzeige