Kultur

15.06.2020

„Ein bisschen Normalität und Lebensfreude“


Gute Stimmung im Biergarten: Die Gäste saßen im nötigen Abstand zueinander

Im Biergarten des Harzer Hofs in Scharzfeld konnten die Gäste „Den großen Loriot“ in seinen besten Sketchen genießen/Für viele war es die erste kulturelle Veranstaltung seit des Corona-Lockdowns.

von Herma Niemann

Scharzfeld. „Endlich wieder Kultur, endlich wieder unter Leute“. Das war der Tenor unter den Gästen im Biergarten des Harzer Hofs in Scharzfeld am Freitagabend bei bestem Sommerwetter. Ein kühles Bier, Weißwein oder Cola.

Das Geräusch von anstoßenden Gläsern und das muntere Geplaudere unter den Gästen – das alles war wegen der Corona-Pandemie fast drei Monate lang von der Bildfläche verschwunden. Umso mehr konnte man an diesem lauen Sommerabend die Menschen buchstäblich aufatmen hören und auch die inzwischen langsam wiederkehrende Lebensfreude spüren.

Auch die Inhaber des Harzer Hofs (Petra Döring-Menzel, Dieter Menzel und Tochter Jennifer Menzel) freuten sich darüber, dass man endlich wieder einen normalen Betrieb, wenn auch unter den vorgeschriebenen Hygieneauflagen, aufnehmen konnte. Und dazu wurde den Besuchern am Freitag und Samstag das inzwischen traditionelle Sommertheater mit einem Mix aus den besten Sketchen von Loriot geboten.

Als langjährige Stammgäste wollten sich auch Gisela und Siegfried Tegtmeier aus Magdeburg diesen Spaß nicht entgehen lassen. Das Ehepaar kommt bereits seit 2009 regelmäßig zu Silvester in den Harzer Hof. „Wenn die Menzels `Dinner for one` geben, ist das Pflicht“, so die beiden, die aber auch seit zwei Jahren extra zum Sommertheater anreisen. Als Rentner hätten sie während des Lockdowns nicht so wie andere leiden müssen, dennoch hätten sie jetzt mal einen Tapetenwechsel gebraucht. „Das ist ein bisschen Normalität und Lebensfreude, wir können mal wieder durchatmen“, sagt Siegfried Tegtmeier.

Gute Stimmung gab es auch an einem anderen großen Tisch weiter hinten. Dort genoss eine große Gruppe Biker feuchtfröhlich den Feierabend nach einer erfolgreichen Tour durch den Harz. Auf Nachfrage, von woher sie denn kommen, konnten sie sich auf humorvolle Art nicht so ganz auf die Herkunftsorte festlegen. Einige kamen wohl aus Nordrhein-Westfalen, andere aus der Region südlich von Berlin. Recht spontan hätten sie sich zu dieser Motorrad-Tour entschieden und lobten die familiäre und ungezwungene Stimmung im Biergarten.

Aus Wieda waren Angelika und Roland Müller mit einem befreundeten Ehepaar angereist. „Das ist die erste kulturelle Veranstaltung, die wir besuchen“, so Angelika Müller „das hat uns so sehr gefehlt. Dazu noch dieses Traumwetter, der Abend ist perfekt“. Abgerundet wurde die Gemütlichkeit im Biergarten durch die Aufführung „Der große Loriot“. Loriot war bekannt für seine Perfektion und die gewollte Überzeichnung des vermeintlich deutschen Alltags durch großzügig aufgetragene Absurditäten. Und das konnte auch das Ehepaar Menzel mit einer spielerischen Ruhe und gekonnter Situationskomik bieten.

Ein Höhepunkt des Abends war die Darbietung des bekannten Sketches „Die zwei Cousinen“. Im Original agiert Evelyn Hamann als Ansagerin mit einer Zusammenfassung der zuvor fünf erfolgten Ausstrahlungen der englischen Serie. Darin wird beschrieben, dass auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue einige Intrigen am Laufen sind: „Gwyneth Molesworth hatte für Lord Hesketh-Fortescue in Nether Addlethorpe einen Schlipth. Verzeihung. Schlips besorgt, ihn aber bei Lord Molesworth-Houghton in Thrumpton Castle liegenlassen“. Das englische „th“ und weitere wohlgeformte englische Ausdrücke werden dabei der Ansagerin, in diesem Fall Petra Döring-Menzel, zum unterhaltsamen Verhängnis.

Auch eine Szene aus Loriots Film „Papa ante portas“ wurde zum Besten gegeben. Nämlich die des ach so vorbildlichen Ehepaares Hetwig und Helmuth. Beide können nur fröhlich sein, wenn auch der andere fröhlich ist. Einen Klassiker, der auch heute seinen Charme nicht verloren hat, führte Dieter Menzel bei seiner Politikerrede vor. „Ohne darum herum zu reden“: Noch nie hat ein Politiker so gekonnt mit so vielen Worten so wenig ausgedrückt und gesagt.

Familie Menzel hat sich ihren Humor bewahrt, obwohl auch ihr Betrieb unter den Lockdown-Bedingungen zu leiden hatte. Familienfeiern konnten nicht durchgeführt werden und auch die touristisch wichtigen Wochenenden zu bestimmten Feiertagen im April und Mai fielen gastronomisch aus. „Wir stehen voll und ganz hinter den Auflagen, auch wenn wir damit zu kämpfen hatten“, sagt Jennifer Menzel „aber jetzt freuen wir uns, dass endlich wieder Gäste durch unsere Tür kommen“.



Petra Döring-Menzel als Ansagerin, der das englische „th“ zum Verhängnis wird.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:



Eine Motorradtruppe feierte ausgelassen nach einer gelungenen Tour durch den Harz

Die Eheleute Tegtmeier aus Magdeburg sind seit 2009 regelmäßig im Harzer Hof zu Gast und freuten sich, dass man endlich wieder die Atmosphäre im Biergarten genießen konnte.




 

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