Regionales / Gem. Bad Grund / Gittelde/Teichhütte

20.05.2020

Wandern geht auch bei Corona: rund um die Ruine Stauffenburg


Die von der Projektgruppe der Revierförsterei Stauffenburg/Seesen erstellte neue Sitzgruppe an der Blitzecke

An der Blitzecke wurde eine neue Sitzgruppe vom Forstamt Stauffenburg/Seesen aufgestellt / Erinnerungen an die historischen Himmelfahrtstreffen auf der Stauffenburg

...von Herma Niemann

In der jetzigen unruhigen Coronazeit haben viele Mitbürger wieder das Wandern oder Spazierengehen an der frischen Luft für sich entdeckt. Es hält fit und stärkt das Immunsystem, es sollten allerdings die derzeitigen Einschränkungen beachtet werden. Zum Wandern gibt es in unserer Region viele Möglichkeiten.

 In unmittelbarer Nachbarschaft zwischen den Orten Gittelde und Münchehof, liegt zum Beispiel die Ruine der einst stolzen Stauffenburg. Die tragischen und interessanten Geschichten der dort einst lebenden Frauen sind ausreichend bekannt. Weniger bekannt dagegen ist das Wandergebiet, in dem diese Ruine liegt. Es ist das rund 765 Hektar große Forstrevier Stauffenburg, das auch die historische Bezeichnung „Landteil“ trägt. So wird immer noch dieser Waldbereich bezeichnet, der einst zwar zu den sogenannten Harzer Kommunionforsten gehörte, aber außerhalb des Harzes liegt. Dieses Wandergebiet wird seit vielen Jahren vom Harzklub Zweigverein Gittelde betreut. Auf den gut ausgeschilderten, leichten, bis mittelschweren Wanderwegen können beliebig lange Strecken als Wanderer, Radfahrer oder Mountainbike-Fahrer zurückgelegt werden.

Die insgesamt rund 40 Kilometer langen Forst- beziehungsweise Wanderwege erstrecken sich in einem Forstgebiet, das seit 1943 mit Zustimmung der niedersächsischen Forstverwaltung nach naturgemäßen und ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet wird. Es ist ein Mischwald mit einem vielfältigen Nebeneinander von rund 40 verschiedenen Baumarten. Die einst vorherrschenden Monokulturen mit großflächigen, geraden Baumreihen sind hier nicht mehr zu finden. Sie wurden in den vergangenen 70 Jahren im Rahmen der vorgegebenen nachhaltigen und naturgemäßen Waldwirtschaft umgewandelt.

Und so wächst hier seit vielen Jahren eine reichhaltige Artenvielfalt nebeneinander, seien es kleine Fichten neben 100 Jahre alten Buchen oder gertenschlanke Fichten neben Totholz-Bäumen, die in absehbarer Zeit zusammenbrechen werden. Diese vorbildlich betriebene Waldwirtschaft dient seit vielen Jahren als begehrtes Anschauungsobjekt für viele Forstfachleute aus dem In- und Ausland und wurde mit mehreren Auszeichnungen bedacht. Leider hat dieser Wald in den vergangenen Jahren durch die Borkenkäferplage, zwei Dürrejahre und den Stürmen erheblich gelitten und so sein Gesicht, insbesondere im nordwestlichen Teil des Reviers, wesentlich verändert. Seit einigen Tagen gibt es in diesem Wandergebiet, und zwar an der sogenannten Blitzecke, eine neue Rastmöglichkeit. Als Ersatz für die vor einigen Jahren abgebaute marode Sitzgruppe wurde eine neue rustikale Sitzmöglichkeit von der Revierförsterei Stauffenburg/Seesen aufgestellt.

Im Rahmen einer Projektarbeit hat die Revierförsterei mit ihren Auszubildenden und deren Ausbildungsleiter diese massive Sitzgruppe hergestellt. Sie wurde aus massiven Douglasien-Stämmen, die einen Durchmesser von bis zu 80 Zentimetern hatten, gefertigt. Dabei wurden die kleinen Mitteltische vom Ausbildungsleiter und die wuchtigen Stühle mit den selbstgewählten Motiven an den Rückenlehnen von den Auszubildenden hergestellt. Alle Beteiligten hoffen, dass die Wanderer und Nutzer viel Spaß und Freude an dieser neuen Rastmöglichkeit haben. Die Blitzecke verdankt ihren Namen deshalb, weil sie für häufige und schwere Blitzeinschläge berüchtigt sei, wie der Heimatchronist aus Gittelde, Bodo Biegling, anmerkt. „Ehemalige Holzrücker berichteten, dass hier ständig Blitze einschlugen. Bei Aufzug eines Gewitters stellten sie sofort ihre Arbeit ein und verließen diese Stelle“, so Biegling.

Ein Anlaufpunkt einer jeden Wanderung sollte auf alle Fälle die Ruine der Stauffenburg sein. Die noch wenig vorhandenen Mauerreste lassen allerdings nur noch schwer erahnen, welchen Umfang diese Burg in ihren Glanzzeiten gehabt hat. In alten Reisebeschreibungen wurde sie sogar als Schloss bezeichnet. Vom Plateau des Burgberges hat man nach Süden einen wunderbaren Blick über Gittelde hinweg nach Osterode und in das Sösetal. Richtung Osten geht der Blick zum historischen Iberg und zum Winterberg, dem größten Steinbruch in Niedersachsen.

„Gerade in diesen Tagen wird eine Wanderung zur Stauffenburg für viele einheimische Wanderer alte Erinnerungen wachrufen“, wie Biegling sagt. Denn viele Jahrzehnte sei es Tradition gewesen, dass sich am Himmelfahrtstag viele Menschen aus den umliegenden Dörfern des ehemaligen Amtes Stauffenburg, dies sind die Orte Gittelde, Münchehof, Kirchberg, Herrhausen und Ildehausen, auf der Stauffenburg zum Feiern trafen. Die zeitweise über Tausend Besucher wurden von den Gastwirten, Bäckern und Kaufleuten aus Gittelde mit reichlich Bier, Eierkränzen, Pfeffernüssen und Schmorwürsten bewirtet. „Das waren Speisen, die es nur zu Himmelfahrt auf der Ruine Stauffenburg gab“, so Biegling. Der Ursprung dieses Volksfestes waren die zu alten Zeiten auf dem Vorplatz der Stauffenburg regelmäßig stattgefundenen Gerichtstage des Amtes Stauffenburg. Hier wurden jedoch nur über kleine Vergehen der niederen Gerichtsbarkeit verhandelt. Alle Bürger der umliegenden Amtsdörfer waren gehalten, an diesen Gerichtstagen teilzunehmen.

Leider sei diese Tradition seit einigen Jahren eingeschlafen, genau wie die danach durchgeführten Himmelsfahrt-Gottesdienste der beiden Kirchengemeinden Gittelde und Münchehof. „In den Köpfen der Menschen aus den umliegenden Dörfern sind diese Feste jedoch noch nicht vergessen“. Für den Abschluss einer Stauffenburg-Wanderung sollte man unbedingt eine Einkehr im Freizeitgelände des Harzklub-Zweigvereines Gittelde einplanen. Seit 1975 wird in dem weitläufigen Gelände des ehemaligen Gittelder Schwimmbades in den Sommermonaten eine bewirtschaftete Wanderhütte betrieben. Die Hütte ist zur Zeit jedoch wegen der Corona-Krise leider nicht geöffnet.


Das Ruferhaus ist ein 350 Jahre altes Herrenhaus und war einst Sitz des Amtes Stauffenburg

Die Überreste von Ruinen der einst stolzen Stauffenburg

Historische Ansicht: Bäckermeister Mügge an Himmelfahrt auf der Stauffenburg

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Der Baumstumpf der Eva-Linde auf dem Vorplatz der Stauffenburg


 

Anzeige