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15.05.2020

Lerbach, Mai 1945


(er) Der 2. Weltkrieg war zu Ende. Der größte Wahnsinn des 20. Jahrhunderts hat rund 60 Millionen Menschen das Leben gekostet. Nahezu alle Deutschen Städte lagen in Schutt und Asche. Weite Teile Europas waren verwüstet. Am 8. Mai hatte die Deutsche Wehrmacht dann bedingungslos kapituliert. Anfang April hatten aber noch Fanatiker versucht, die anrückenden, übermächtigen alliierten Streitkräfte am Harz Rand mit sinnlosen Aktionen aufzuhalten.

Es wurden Brücken gesprengt und Straßensperren errichtet. Der Harz wurde zur Festung erklärt. Der so genannte "Volkssturm", der aus Rentnern, Invaliden und minderjährigen Jungen zusammengewürfelt war, sollte das erreichen, wozu erfahrene Frontsoldaten schon lange nicht mehr in der Lage waren. Am unteren Ortseingang von Lerbach hatte man ein schweres Flak-Geschütz in Stellung gebracht. Von hier versuchte man einige Tage lang durch stetigen Beschuss der Straße am Feldbrunn das Vorrücken des Feindes zu verhindern.

Als dann die Amerikaner immer näher kamen, warfen die Kanoniere die noch vorhandenen Granaten in den kleinen Bach neben der Straße nach Lerbach und setzten sich weiter nach Osten in den Harz ab. Ein sträflicher Leichtsinn, der vier Wochen später zwei Jungen zum Verhängnis werden sollte.

Trotz allgemeiner Warnung der Eltern, auf keinen Fall die überall herum liegende Munition anzurühren, ließen sich die Lerbacher Jungen nicht davon abhalten. Still und heimlich machten sie sich daran, die eigentlichen Granaten von den Kartuschen zu lösen. Dazu benutzen sie sogar Hämmer und Zangen. Dieses überaus gefährliche Spiel war auch einige Tage gut gegangen. Bis dann schließlich am Nachmittag des 15. Mai einer der Jungen den Zünder eines der Geschosse berührt und damit die Granate zur Explosion gebracht hatte.

Der gewaltige Knall war weithin zu hören. Dabei wurden der dreizehnjährige Siegfried Apel und der elfjährige Erich Schubert tödlich verletzt. Viel Glück im Unglück hatten der damals zwölfjährige Walter Apel und der damals zehnjährige Hans-Georg Frölich. Sie kamen mit leichteren Verletzungen und mit einem nachhaltigem Schrecken davon.

Glück hatte aber auch der Verfasser dieses Berichtes, der an den Tagen zuvor bei diesem gefährlichen Spiel mit dabei war und nur deswegen von dem Unglück verschont blieb, weil er sich am 15. Mai verspätet hatte. Er litt aber noch sehr lange daran, dass er an diesem Tage einen seiner besten Freunde verloren hatte. Wenn er heute an dem Unglücksort vorbei kommt und auf die kleine Gedenktafel schaut, läuft ihm auch nach 75 Jahren noch ein Schauer über den Rücken.


Dort wo damals das schwere Flak-Geschütz stand, mit dem man mehrere Tage lang Granaten in Richtung Feldbrunn abfeuerte, erinnert heute eine, von der Heimatstube Lerbach aufgestellte Gedenktafel an das Unglück.

Hier, unmittelbar neben der Straße nach Lerbach, wo sich der Bach durch sein schmales Bett schlängelt, hatten die deutschen Soldaten, bevor sie türmten, die Granaten ins Wasser geworfen, die dann wenige Wochen später den Jungen zum Verhängnis wurden.

Der damals 13-jährige Siegfried Apel, ein eher stiller, intelligenter Junge.

Der damals 11-jährige Erich Schubert ein überaus lebhafter, echter Lausbub, der immer zu kleinen Streichen aufgelegt war, ein Junge den man einfach gern haben musste. Einer der besten Freunde des Verfassers.

 

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