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29.04.2020

Ein Wulftener lässt in China nicht nur Schutzmasken produzieren


Nils Passian, Schulleiter der OBS Hattorf und Wulftens Bürgermeister Henning Kruse (v. l.) freuen sich ebenso wie Samtgemeindebürgermeister Rolf Hellwig (rechts) über die Spendenfreudigkeit von Daniel Hennig (zw. v. re.), der diesmal 1 000 Atemschutzmaske

...von Petra Bordfeld

Im Juli 2016 nahm Daniel Hennig einen Job bei Novelis in Göttingen an. Das war der Grund, warum ihn sein Weg vom Rheinland in den Vorharz nach Wulften führte. „Wir fühlen uns hier pudelwohl, weil wir tolle Menschen in Wulften und dem Harz kennen gelernt haben“, so der Unternehmer. Auch wenn er im Januar 2020 das Arbeitsverhältnis mit dem Aluminiumwerk gekündigt hat, hat er nicht vor, seinen Wohnsitz zu verändern.

Verändert hat sich aber sein Aufgabenbereich, denn vor rund vier Wochen sorgte er zusammen mit seinem Partner dafür, dass Schutzmasken und anderes medizinisches Material, welches in Corona-Zeiten nicht nur auf dem Deutschen Markt benötigt wird, aus China importiert wird „Damit möchte ich auch diese Region unterstützen“. Dass das keine leeren Worte sind hat er bereits mit einer Spende von 1 500 Masken für die Gemeinde Wulften, für die OBS Hattorf und die Samtgemeinde Hattorf unter Beweis gestellt.

„Es ist mir sehr wichtig, gerade in diesen Zeiten zu unterstützen, wo es möglich ist. Da ich den Zugang zu den aktuell dringend benötigten Mund-Nase-Schutzmasken, FFP 1 und FFP 2 habe, ist es für mich selbstverständlich im Rahmen meiner Möglichkeiten zu spenden“.

Dass er aber mittlerweile nicht „nur“ in Deutschland, sondern auch in Frankreich ein sehr gefragter Lieferant ist, macht die Tatsache deutlich, dass unter den 60 Mio. Masken die vom Bundesministerium für Gesundheit bestellt sind, auch er den Zuschlag erhalten hat, eine große Menge zu liefern. Diese befinden sich zurzeit in der Auslieferung.

Doch bevor das Corona-Virus weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte, importierte sein Partner vornehmlich Kinderschuhe, die in Deutschland an bekannte Einzelhandels-Ketten verkauft werden – und das bereits seit 2008. Auch schon seit zehn Jahren besteht eine enge Partnerschaft mit einem großen Handelsunternehmen in Ningbo, der Küstenstadt in der ostchinesischen Provinz Zhejian.

Anlässlich der Covid-19-Pandemie und den erschreckenden Realitäten in China im Dezember 2019 hat der langjährige Partner in Ningbo das Lieferprogramm unter anderem um Schutzmasken erweitert. „Seit Anfang April sind wir nun mit dem Vertrieb in Deutschland und jetzt auch in Frankreich präsent“.

Schon im November und Dezember, als Corona leider noch nicht so ernst genommen wurde, hätten er und sein Partner, die Produktion in acht zertifizierten Fabriken erweitert, wozu auch Schutzmasken gehörten.

Ende März wurde das Duo angesprochen, ob Interesse an der Übernahme der Vermarktung der Sicherheitskleidung für Europa bestünde. „Wir haben fünf Minuten nachgedacht und dann Ja gesagt. Denn bei der Riesennachfrage wollen wir einfach helfen und Deutschland sowie möglichst ganz Europa mit wichtigen Waren zu versorgen“.

Das war die Geburtsstunde von Respiratory-Protection, welche wegen geschlossenen Behörden erstmal als Division der bereits bestehendem UG Kids2Go gegündet wurde. Daniel Hennig ist Managing Director der Division.

In den zurückliegenden vier Wochen haben die Beiden 24 Stunden und sieben Tage in der Woche 1daran gearbeitet, die Produktionsreihe aufzubauen. Sie achteten darauf, dass alles TÜV zertifiziert ist, dabei vertaten sie von Anfang an die Philosophie, dass es zwei Produktsparten geben muss: eine für die Medizin mit Zertifikat und die zweite, der Standard Mund-Nasen-Schutz. Mit dieser Trennung wollten sie erreichen, dass die Konsumenten der Medizin nicht alles wegkaufen könnte. Um ihr Vorhaben auch realisieren zu können, gründeten beide die neue Division.

Während die Produktion in den Vertragsfabriken von mehr als 2,1 Mio. Masken pro Tag kein Problem seien, sehe es mit dem Transport wesentlich schlechter aus. Denn, weil in Europa fast alle Geschäfte geschlossen haben, dümpeln die in China beladenen Container nicht nur in den europäischen Häfen und fehlen in der Volksrepublik. Also muss alles über den Luftraum abgewickelt werden, was Geduld bedeutet. „Auf dem Flughafen von Shanghai steht unsere Ware nicht selten zwei bis drei Tage herum, obwohl sie dringend benötigt wird“. Nach dem Import und der Verzollung geht es dann zu den Flughäfen Hannover, Frankfurt und jetzt Leipzig. Von da aus startet der Transport aus Sicherheitsgründen in Fahrzeugen eines persönlich bekannten Spediteusr im Direktverkehr. In Deutschland stehen aktuell keine Lagermengen zur Verfügung. Die Lieferzeit beträgt im Direktimport aktuell bis zu 20 Werktage.

Respiratory-Protection investiert einen hohen siebenstelligen Betrag, um bis Ende Mai Lagerware verfügbar zu haben und so innerhalb von 24 Stunden die Kunden bedienen zu können.

Die Erkenntnis, dass die Mülleimer mittlerweile schon ganz gehörig überzuquellen drohen, brachte die beiden Jungunternehmer dazu, eine weitere Devision unter der Respiratory-Protection zu gründen. Diese soll in etwa vier Wochen– auch in China – Facebuddys für den Privatmann und in verschiedenen Größen produzieren. Es werden Mehrweg-Schutzmasken sein. „Denn wir glauben, dass sich das Straßenbild in Europa ändern wird und mehr Masken zum Alltag gehören werden“. Sei das Verhalten der Menschen in Asien bis vor kurzem noch belächelt worden, dürften Atem-Schutz-Masken in der Öffentlichkeit auch in Europa ein Stück weit zur Normalität gehören.
Warum aus der Maske ein Facebuddy geworden ist, erklärt Daniel Hennig so: „Mit dem unkomplizierten Namen wollen wir weg von den Begriffen Angst, Einschränkung und Krankheit, die schnell mit der Maske in Verbindung gebracht werden“.

In jedem Fall sind die Konstruktion und die Verhandlungen mit den Lizenzgebern nahezu abgeschlossen. Wann genau sie an Handelsketten ausgeliefert werden, steht noch nicht ganz fast, dafür aber der Preis. Er wird deutlich unter zehn Euro im Einzelhandel zu haben sein. „Die Masken sind übrigens aus hautverträglichem Stoff und waschbar. Damit produzieren wir keinen Müll“. Der Weg bis dorthin sei nicht einfach gewesen, denn letztendlich haben ja alle Behörden geschlossen.

 

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