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16.04.2020

Gefiederte Freunde profitieren von Ausgangssperre


Malhar Singh macht sich die viele freie Zeit zu nutze und baut aus Holzresten schicke Vogelfutterhäuser.

Der Bad Harzburger Malhar Singh hängt seit Februar mit seiner Frau in Indien fest/Die Rückholaktion der Bundesregierung wurde erst mal gestoppt/Er nutzt die Zeit kreativ

von Herma Niemann

Bad Grund/Bad Harzburg/Indien. Etwa 40.000 Urlauber warten immer noch darauf, über die großangelegte Rückholaktion der Bundesregierung aus ihren Urlaubsgebieten wieder nach Hause zu kommen. Dazu gehört auch Malhar Singh aus Bad Harzburg. Singh ist der Vater von Rebecca Singh, die seit einem Jahr die Jugend- und Seniorenpflege in der Gemeinde Bad Grund unterstützt.

Malhar Singh stammt aus Indien und verbringt mit seiner Frau Rattan Kaur drei bis vier mal im Jahr einen Urlaub in seiner Heimatstadt Naushera Bahadur im Staat Punjab im Nordwesten von Indien. Bereits seit Mitte Februar sind die beiden dort in ihrem kleinen Haus, wollten mit der Familie eine schöne Zeit verleben. Jetzt kommen sie nicht mehr nach Hause, dürfen das kleine Grundstück nicht verlassen.

Durch die Rückholaktion der Bundesregierung sollten Singh und seine Frau eigentlich bis Mitte April wieder in Deutschland sein. Inzwischen wurde die Aktion jedoch bis auf Weiteres gestoppt. Das heißt, Malhar Singh und seine Frau werden wohl noch eine ganze Weile in Indien verbringen müssen. Der Rückflug war eigentlich für den 23. März und der Flug durch die Rückholaktion bis Mitte April geplant.

Wie Rebecca Singh sagt, würden die Fallzahlen in Indien stark ansteigen. „Das Gesundheitssystem ist in Indien dermaßen schlecht. Zum Glück sind mein Vater und seine Frau gesund. Aber ich mache mir jetzt doch große Sorgen“. Wann eine erneute Rückholaktion aus Indien wieder starten soll, sei nicht bekannt, im Umlauf sei jedoch ein Datum nicht vor Juni.

„Mein Vater fühlt sich im Stich gelassen“, so Rebecca Singh. Zumal kommen jetzt natürlich auch noch verstärkt die Sorgen um das Restaurant dazu. Auch wenn ihre Brüder das Restaurant des Vaters in Bad Harzburg („Havana“) am Laufen halten würden, gebe es natürlich geschäftliche Dinge, unter anderem auch mit dem Finanzamt, zu tun, die nur ihr Vater erledigen könne. Von Indien aus sei das allerdings so gut wie unmöglich.

In Indien herrscht strikte Ausgangssperre. „Uns geht es gut“, sagt Singh in einem Videoanruf mit seiner Tochter „aber die Tage sind lang“.Die Ausgangssperre bedeutet dort, dass das Ehepaar im Haus bleiben muss und sich maximal auf dem eingegrenzten Grundstück bewegen darf. Die Häuser in Indien sind meistens von einer Mauer umgeben. Die Auflagen werden im Zwei-Stunden-Rhythmus von der Polizei kontrolliert. Lebensmittel wie Gemüse und auch Medikamente werden mit einem Handwagen von Haus zu Haus geliefert.

Da man nicht viel machen kann, außer im und um das Haus herum zu spazieren, hat Singh zuerst angefangen, die Vögel zu füttern und ihnen Schalen mit Wasser hinzustellen. Bei einer Temperatur von über 30 Grad ist das eine willkommene Erfrischung für die Raben und Tauben. Dann kam er auf die Idee, aus Holzresten Vogelhäuser zu bauen. Inzwischen sind auf diese Weise schon sechs kreative Kunstwerke für die gefiederten Freunde entstanden, die an der Außenwand des Hauses hängen. Inzwischen hat sich wohl das „all-inclusive“-Paket unter den gefiederten Freunden herumgesprochen. „So schnell kann man gar nicht gucken. Ich lege das Futter aus, drehe mich um und alles ist schon wieder weg“.

Malhar Singh ist 1985 als Migrant nach Deutschland gekommen und wurde in der Gemeinde Bad Grund von Anfang an herzlich aufgenommen. Schon damals haben sich die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung um ihn gekümmert und integriert. Seit 2012 lebt der 64-Jährige in Bad Harzburg und schon seit dem Jahr 2006 betreibt er dort das Restaurant „Havana“ mit Internationalen Spezialitäten, das momentan im Außer-Haus-Verkauf geleitet wird. Viel lieber wäre Singh natürlich wieder zuhause, gerade auch, weil er sich, wie viele andere Gastronomen auch, Sorgen um die Zukunft macht.


 

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