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08.04.2020

Stützer meldete bereits fünf Taxen und elf Schulbusse ab


Oliver (re.) und Dennis Stützer wollen weiter machen

...von Petra Bordfeld

Auf dem Hof von Taxi-Stützer, dem Osteroder Familienunternehmen, das es bereits seit einem halben Jahrhundert gibt, sind viele abgemeldete Fahrzeuge zu sehen. Der Grund ist die Corona-Pandemie. „Wenn die damit verbundenen Verbote in zwei Monaten noch nicht vorbei sind, dann werden wir das 51jährige Bestehen wohl nicht mehr erleben“, so die beiden Junior-Chefs Oliver und Dennis Stützer.

Noch im Februar waren die sieben Taxen so ausgelastet, dass von den Kunden durchaus auch mal Wartezeiten in Kauf genommen werden musste. Die elf Schulbusse waren ebenfalls voll im Einsatz. Mit dem Virus sollte es aber ab Anfang März bald mehr Fahrer als Fahrgäste geben. Die verlängerten Osterferien sorgten außerdem für einen frühzeitigen Stillstand der Busse. Also entschlossen sich Oliver und Dennis Stützer nach vielen Gesprächen mit den Angestellten und dem Steuerberater dazu, drei Taxen und die elf Schulbusse abgemeldet auf dem Hof einzuparken.

Mit diesem Schritt werden schon Kosten bei Versicherung und Steuer eingespart, denn allein diese werden zurzeit ja nicht einmal ansatzweise eingefahren.
Dieser Einsparungsschritt war aber nicht der einzige, es wurde auch Kurzarbeit angemeldet. Denn es fallen Krankenhaus- oder Arztfahrten der unterschiedlichsten Art ebenso flach, wie beispielsweise die Alltagsfahrten zu und von Restaurants.
Die Fahrer stehen aber hinter ihren Arbeitgebern, sie fahren, wenn ein Taxi angefordert wird. Sie hoffen, dass mit dem 20. April alles wieder seinen alltäglichen Gang gehen wird.

Doch sie können nicht einfach die Tür ins Schloss fallen lassen, bis das Ausgangsverbot aufgehoben und die Geschäfte alle wieder auf haben. Denn sie haben, ebenso wie die Linienbusse, eine Personenbeförderungspflicht.
Auch wenn pro Schicht nur zwei Fahrer zugegen sind, freuen die sich, wenn sie eine Fahrt in drei Stunden haben. „Die Fahrten pro Tag können an einer Hand abgezählt“ werden. So reichen die Einnahmen nicht einmal, um die Fahrer zu bezahlen.
Schutzmasken sind ja aus dreierlei Gründen nicht die beste Idee: zum einen gibt es sie nicht, zum anderen sollten diese alle drei Stunden gewechselt werden und zum dritten darf man damit gar nicht fahren, denn vermummt ein Fahrzeug zu lenken, kostet 60 Euro. Auch die Desinfektionsmittel sind vom Markt verschwunden, wenn man nicht die horrenden Summen auf dem „Schwarzmarkt“ bezahlen will. Aber trotzdem wird bei jedem Fahrzeug vor der Fahrt noch einmal alles Wichtige in der Fahrgastzelle gereinigt.

Finanzielle Unterstützung steht eventuell im Raum, ob die auch für Taxi Stützer gelten, wird der Steuerberater prüfen. Denn es gilt erst einmal auf diversen Wegen nachzuweisen, dass man das Geld benötigt, zum anderen müsse dann recht lange auf die Auszahlung gewartet werden. Außerdem stellt sich die Frage, wie man einen Kredit zurückzahlen soll, wenn man keine Einnahmen hat.

Also haben sich die beiden etwas ausgedacht, wovon insbesondere die älteren Bürger, die ja bekannter Weise die Risikogruppe darstellen, profitieren können. Sie starten reine Einkaufsfahrten ohne Kunden. So können auch an Corona erkrankte Einwohner bedacht werden. Dieser Service sieht wie folgt aus: Interessenten können von 7 bis 19 Uhr unter der Telefonnummer 3808 anrufen und ihren Einkaufszettel durchgeben. Die Fahrer machen sich auf den Weg, um möglichst alles zu erwerben. Denn das, was nicht im Regal steht, kann auch nicht gekauft werden. Dann wird der Einkauf vor die Tür gestellt. Der dafür zu entrichtende Geldbetrag wird anschließend geklärt, und der Kunde möge dann die Summe in eine, eigens dafür gedachte, Schale legen. Oliver und Dennis Stützer bezweifeln zwar ein wenig, dass diese Idee auf fruchtbaren Boden fallen wird, weil aufgrund von Homeoffice und Kurzarbeit viele Bürger zuhause sind und selbst einkaufen fahren. Aber frei nach dem Motto „probieren geht über studieren“ bieten sie diesen Service an.

Auch wenn dieses Angebot sehr gut angenommen werden sollte, dürfte es nach dem 20. April schlecht aussehen. Denn, wenn die Schulen weiter geschlossen bleiben, können die Busse nichts einfahren. Sollte der Mai sich noch zu einem Corona-Monat entwickeln, dann sieht es schlimm für die Firma aus.

Wenn die Tür aus Kostengrünen doch endgültig ins Schloss fallen sollte, sehen beide keine große Chance in ihre, vor vielen Jahren erlernte, Beruf zurückzukehren, weil es die inzwischen schon gar nicht mehr gibt. Denn Oliver hat einst bei Bosch den Beruf des KFZ-Elektronikers erlernt und ist heute der „Schrauber“ in dem Familienunternehmen, der jedes Auto wieder zum Laufen bekommt. Dennis wiederum befasste sich in seiner Ausbildung zum Wirtschaftsassistent Fachrichtung Informatik mit Computersystemen, die es heute höchstens noch in Museen gibt. „Vielleicht werden wir Taxi-Fahrer an der Ostsee“, schmunzeln beide und schauen dabei voller Hoffnung nach vorne.

 

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