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25.03.2020

Gittelder „Kronprinz“ blickt auf lange Geschichte


Historische Aufnahme: das Gasthaus Kronprinz

Das Landgasthaus hatte in der Vergangenheit viele Besitzer / Zu dem früheren Edelhof gehörten viele Ländereien

...von Herma Niemann

Im Jahr 2015 erwarb das aus den Niederlanden stammende Paar das Gasthaus „Landgasthof zum Kronprinz“ in Gittelde, um es zu sanieren und daraus ein Bed&Breakfast zu machen. Eigentlich sollte es schon im Jahr 2017 wieder eröffnet werden. Da die Familie aber die überwiegenden Arbeiten in Eigenregie durchführt, kann es mit der Neueröffnung wohl noch ein wenig dauern.

Aber bei diesem alten Gittelder Traditions-Gasthaus sind nicht nur die Pläne für die Zukunft interessant sondern hier lohnt auch ein Blick zurück in die Vergangenheit. Die Geschichte dieses Gasthauses ist, trotz vieler Lücken, auch eng mit der alten Gittelder Geschichte verbunden.

In alten Zeiten gab es in Gittelde einen Kaiser- beziehungsweise Edelhof, zu dem Ländereien, Wiesen und Teiche in einer Größe von 700 Morgen gehörten. Diese Flächen wurden über die beiden Versorgungs- und Wirtschaftshöfe „Junkernhof“ und „Steinhof“ nach den damaligen unsozialen, grundherrschaftlichen Gesetzen bewirtschaftet oder verpachtet. Der Wirtschaftshof „Steinhof“ lag an der östlichen Seite der heutigen Neustadt und erstreckte sich vom heutigen Gasthaus Kronprinz bis zur heutigen Winkelstraße. Der Verlauf der Thüringer Straße war in der heutigen Streckenführung noch nicht vorhanden. Zentrum des „Steinhofes“ war ein großer Gebäudekomplex in einer gewaltigen Bauart, mit stabilen Grundmauern, Gewölbekellern und ausreichenden Lagerflächen auf Dachböden und Nebengebäuden. Dieser Zustand dürfte den Hof auch den Namen gegeben haben. Im Laufe der Geschichte wurden daraus jedoch mehrere eigenständige Grundstücke.

Die bedeutende Zeit des Steinhofes dürfte 1288 bereits abgelaufen sein, wie der Heimatchronist aus Gittelde, Bodo Biegling, in einem Gespräch berichtet. Denn der Kaiser- oder Edelhof wurde zu dieser Zeit aufgelöst und der Steinhof mit den restlichen Ländereien von vier Hufen Land (1 Hufe = 30 Morgen) dem Jakobi- Nonnenkloster in Osterode als Lehen übertragen. Leider hatte das Kloster erhebliche Probleme, den Gittelder „Nonnenmeierhof“ erfolgreich zu bewirtschaften, so dass er nach mehreren Verpfändungen von dem Stauffenburger Amtmann Johann von Dankwert übernommen wurde. Nachdem die Herren von Gittelde den Hof 1574 von Herzog Wolfgang von Grubenhagen „zum erblichen Gebrauch“ erhalten haben, wurde er nach dem Aussterben der männlichen Linie dieses Adelsgeschlechtes 1663 durch Erbhuldigung dem Amtsschreiber Johann Conrad Schwarzkopf übertragen, bestehend aus vier Hufen, 18 Morgen Land und sechs Morgen Wiese. 1762 heiratet Christian Tolle, Gastwirt, Biersteuer- und Zolleinnehmer, Marie Eleonore Schneidewind, die Großtochter von Conrad Schwarzkopf, und wurde so Mitbesitzer des Hofes.

Familie Tolle betrieb neben der normalen Landwirtschaft, auch eine große Mauleselzucht und die Eseltreiberei in den Oberharz. Diese wurde jedoch von Familie Tolle nicht wie üblich mit Eseln durchgeführt, sondern mit den eigenen Mauleseln, eine Kreuzung zwischen Esel und Pferd. Diese sind dafür bekannt, besonders trittsicher zu sein und können größere Lasten tragen. Wenn Tolle mit seinen beladenen Tieren in den Harzer Orten erschien wurde er von den Menschen schon sehnsüchtig erwartet und begeistert mit dem Ruf „Die Gittelder Maulesel kommen“ empfangen. Diese noch heute teilweise geläufige Redewendung sollte also nicht als Beschimpfung empfunden werden. Es war ein Ausruf der Begeisterung und Freude. Gast- und Landwirt Tolle war es auch, der am 1. Juli 1865 mit 76 Aktionären aus Gittelde die „Aktienfabrik“ an der Thüringer Straße (heute V. Friedrich) gründete. Unter seiner Führung wurden eine Dresch- und eine Flachsreinigungsmaschine sowie ein Sägewerk betrieben. Zum Antrieb der Maschinen wurde das Wasser der Markau und später der starke Wasserzufluss des Ernst- August- Stollens genutzt.

Die weitere Geschichte des „Steinhofes“ und des „Gasthofes zum Kronprinzen“ liegt im Dunkel der Vergangenheit. Die Eigentumsverhältnisse des „Tolleschen Steinhofes“ (Gasthof und Landwirtschaft) standen dabei nicht immer unter einem guten Stern und änderten sich oft. Ab 1894 waren folgende Eigentümer beziehungsweise Pächter genannt: Tolle, Wipper, Emberger, Neddermeyer, Burgdorf, Krüger, Metje, Bolm, Metje, Scheffler, Kaetz.

Um die Jahrhundertwende um 1900 wurde der Steinhof geteilt und getrennt verkauft. Die Abtrennung des damaligen „Krügerschen Gasthofes zum Kronprinzen“ vom landwirtschaftlichen Betrieb wurde durch den Bau einer neuen Straße (Kaetz-Gasse) zusätzlich betont. Den Gasthof übernahm Ernst Krüger. Den angrenzenden landwirtschaftlichen Betrieb kaufte der Viehhändler und Landwirt Knaute. Knaute erweiterte den Hof durch ein geräumiges Wohnhaus und später mit großzügigen Stallungen, nachdem die alten Gebäude 1923 durch einen Großbrand vernichtet wurden. Den hinteren landwirtschaftlichen Teil mit einem Wohn- und Gesindehaus, der sogenannten „Polenkaserne“, übernahm der Landwirt Hühne. Er erweiterte das bereits vorhandene Wohn- und Gesindehaus mit landwirtschaftlichen Nebengebäuden. Zu dem Komplex „Steinhof“ gehörten auch das Gesindehaus (heute Mietshaus Hubensack) und mehrere andere Höfe im Dorf. Die Landwirtschaft Knaute geriet 1936 in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde an Landwirt Schrader (später Mai) verkauft. Landwirt Schrader musste seinen landwirtschaftlichen Betrieb in Goslar im Rahmen der großzügigen militärischen Erweiterung des dortigen Fliegerhorstes aufgeben. Schneidermeister Wilhelm Biegling baute 1936 im Garten von Knaut ein Wohnhaus mit Schneiderwerkstatt.

Seit wann genau auf dem Steinhof eine Gastwirtschaft „Zum Kronprinzen“ betrieben wird, ist nicht bekannt. Da sich der Steinhof mehrere Jahrhunderte im Privatbesitz befand, gibt es keine historischen Unterlagen über Eigentumsveränderungen, Baumaßnahmen und interessante Begebenheiten zu diesem alten Anwesen im Flecken Gittelde. Nur wenige Anmerkungen sind alten Archivakten des Amtes Stauffenburg im Zusammenhang mit dem „Krugwesen im Flecken Gittelde“ zu lesen.

Eine große Zeit erlebte der Gasthof Kronprinz nach dem zweiten Weltkrieg unter Führung der Gastwirtin Hete Kaetz (verwitwete Scheffler) mit dem legendären Kellner Karl Gothe. Gaststätte, Festsaal und Kegelbahn genossen in der Region einen guten Ruf. Prägend war auch der angrenzende Biergarten, geschützt von mehreren großen Kastanienbäumen. Befragte Zeitzeugen erzählen begeistert von großen Sommerfesten, die in diesem Garten veranstaltet wurden. Danach übernahmen verschiedene Pächter den Gasthof, die nicht immer erfolgreich waren. „Obwohl für eine Geschichtsschreibung verhältnismäßig zeitnah, konnte die Geschichte des „Gasthof Kronprinz“ in den vergangenen rund 150 Jahren nur sehr lückenhaft nachvollzogen werden“, so Biegling.


Antike Postkarte mit dem Landgasthaus aus dem Jahr 1956

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Die neuen Eigentümer renovieren und sanieren seit dem Jahr 2015 den Landgasthof Zum Kronprinz

 

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