Regionales / Gem. Bad Grund / Gittelde/Teichhütte

03.02.2020

Große Kunst im Kleinformat


Gunhild Wilgeroth und Michael Reinsch. Seit 2017 treffen sie sich mehrmals im Jahr zufällig beim Kaffeetrinken. Dabei zeichnet Reinsch Bilder auf Servietten

Michael Reinsch hält Szenen auf Servietten fest/Aus wenigen Strichen sind so schon rund 200 Kunstwerke entstanden

...von Herma Niemann

Die Tasse Kaffee auf dem Markt. Für viele ist das der krönende Abschluss eines Arbeitstages oder eine gelungene Pause zwischen den Einkäufen. Menschen auf dem Markt beobachten und mit Menschen beim Kaffeetrinken ins Gespräch kommen. Auf diese Weise haben sich auch Gunhild Wilgeroth aus Gittelde und der Osteroder Michael Reinsch kennengelernt.

„Sie müssen ein Profi sein“, hatte Gunhild Wilgeroth damals im September 2017 zu ihm gesagt, als sie ihn beim Zeichnen beobachtete. Am Stehtisch eines Kaffeerösters hatte sie Reinsch gebeten, etwas Platz für ihre Kaffeetasse zu machen, in beiden Händen balancierte sie Einkaufstüten und zusätzlich noch den Kaffee vorsichtig vor sich hin. Als sie sich an dem Tisch etwas eingerichtet hatte, bemerkte die ehemalige Lehrerin die Serviette, auf der ihr Tischnachbar kleine Szenen mit nur wenigen Strichen zeichnete. Die Figuren waren bereits fertig, auch die Ampel. Dann entstanden in kurzen Zügen noch Raum gebende Dinge: Baum, Fahrrad, Kirche, Wolken, Bordstein und im Anschluss das Signum „MR“. „Beim Einkaufen“, betitelte Reinsch die Zeichnung.

Minimalismus mit maximalem Effekt. Effekte ohne Effekthascherei. Schnell nahm er eine weitere Serviette und begann eine neue Zeichnung mit dem Stehtisch, an dem die beiden standen. Drum herum zwei Menschen, eine davon eine Kaffeetasse schwenkend. „Toll“, sagte Gunhild Wilgeroth „ich glaube doch, dass sie ein Profi sind. Sie erzählen mit Ihrem Stift Geschichten“. Der Vater von Reinsch war früher Plakatmaler und sein Großvater hat Öl- und Deckengemälde gemalt. Die malerische Kreativität muss also in der Familie liegen.

Die Zeichnungen durfte die Gittelderin behalten. Genau ein Jahr später trifft Wilgeroth wieder zufällig auf den Kaffee trinkenden Zeichner. Und wieder kommen sie ins Gespräch. Gezeichnet habe er schon als Kind sehr gerne, und das immer und überall, erzählte ihr damals der gebürtige Quedlinburger. Die Zeichnungen, die während des Gesprächs entstanden, durfte Gunhild Wilgeroth, die selbst unter anderem auch Kunstlehrerin an der Gittelder Grundschule war, behalten.

„November-Blues“: Ein weiteres Servietten-Bild erhielt die Gittelderin im November 2018 bei einem erneuten zufälligen Treffen. Er male, was ihm gerade so einfalle, so Reinsch. Genau könne er es nicht sagen, aber an die 200 Servietten-Bilder seien wohl auf diese Weise entstanden. Viele habe er verschenkt. Und viele haben sich seine Zeichnungen auch eingerahmt. Genau wie Gunhild Wilgeroth; „Die Zeichnungen sind so schön und haben alle unterschiedliche Stimmungen“.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Szenen beim Kaffeetrinken oder zu Weihnachten: Rund 200 kleine Kunstwerke sind so im Laufe der Zeit entstanden

Der Vater von Reinsch war traditioneller Plakatmaler. Seine Werke unten im Bild

 

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