Panorama

11.01.2020

Es geht um Identität und Heimat


Ein Kommentar zur möglichen Südharzfusion

von Christian Dolle

Bereits vor zehn Jahren wurde in Bad Sachsa und Walkenried über die Vorteile einer Fusion nachgedacht. Damals jedoch gab es in den Räten und auch in der Bevölkerung so viel Gegenwind, dass die Diskussionen oftmals zu einer wahren Schlammschlacht und teils zur Farce gerieten. Am Ende wurde dann der Weg der Eigenentschuldung eingeschlagen, was zur Folge hatte, dass der damalige Walkenrieder Samtgemeindebürgermeister seinen Hut nahm, weil er diese Entscheidung nicht mittragen konnte.

Auch für Bad Lauterberg stand vor einigen Jahren ein schmerzhaftes Sparpaket auf der Agenda des Rates, auch hier wollte man damals mehrheitlich von einer Fusion nichts wissen. In einer Ratssitzung hieß es vollmundig „Die Sachsaer wollen das ja nicht“, was anschließend mit Unverständnis und Kopfschütteln eines im Publikum anwesenden Ratsmitgliedes aus Bad Sachsa kommentiert wurde.

Jetzt steht eine mögliche Fusion aller drei Kommunen auf dem Plan, offenbar weil die Eigenentschuldung in allen Fällen nicht den gewünschten Erfolg einbrachte. Doch auch diesmal kann und darf eine solche Weichenstellung nicht über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen werden, es gilt intensiv aufzuklären, Ängste zu nehmen und auf jede noch so oft gestellte Frage intensiv einzugehen, damit sich das Chaos der Vergangenheit nicht wiederholt.

Die drei Infoveranstaltungen in Walkenried, Bad Sachsa und Bad Lauterberg waren ein erster Schritt, doch zeigte sich hier auch, wie emotional und nicht immer rational das Thema doch ist. Letztlich geht es eben nicht nur um Verwaltungen und Schulden, sondern auch um Identität und Heimat.

Eine Frage, die häufiger gestellt wurde, war die nach dem Namen der neuen Kommune. Dabei wurde ausgerechnet jener Freizeitführer als Beispiel herangezogen, den ich gemeinsam mit Roland Lange geschrieben habe und in dem beispielsweise St. Andreasberg nicht mehr als eigener Ort bzw. Reiseziel auftaucht, sondern nur noch als Ortsteil unter Braunlage zu finden ist.

Tatsächlich hatten wir als Autoren damals einige Diskussionen mit dem Verlag, weil wir diese Ordnung für irritierend hielten, doch da die Reihe bundesweit erscheint, wollte man vom bewährten Konzept nicht abweichen. So wären nach diesem System sowohl Bad Sachsa als auch Walkenried im Falle einer Fusion nur noch im Kapitel über Bad Lauterberg zu finden.

Oder aber auf den Seiten über die Gemeinde Südharz oder was auch immer. In Sachsen-Anhalt und Thüringen nämlich sind viele Fusionen bereits über die Bühne gegangen und dabei Verwaltungseinheiten wie die Stadt Oberharz am Brocken oder die Gemeinde Harztor entstanden, bei denen Außenstehende (und Autoren von Freizeitführern) erst einmal recherchieren müssen, was sich dahinter verbirgt.
Dieses kleine Beispiel zeigt, dass es bei der möglichen Fusion eben nicht nur um einen reinen Verwaltungsakt, sondern doch um viel mehr geht. Daher sind die politischen Vertreter gut beraten, wenn sie sich viel Zeit nehmen, die Gründe, die für einen Zusammenschluss sprechen, sehr detailliert und immer wieder darzustellen, entstehende Gerüchte mit Fakten dementieren und vor allem die Sorgen der Menschen ernst nehmen und in die Planungen einfließen lassen.



 

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