Regionales / Gem. Bad Grund / Badenhausen

25.11.2019

27 Jahre Badenhäuser Dorfgeschichte


von Petra Bordfeld

„Bei mir können Sie drinnen und draußen tanken“, so lautete der witzige Slogan der Tankstelle in Badenhausen, die vor dem Gasthof Klänhardt in der Thüringer Straße mit dem Beginn der Motorisierung errichtet wurde. Diese Tanke ist schon seit einigen Jahrzehnten weg, die Kneipe lange geschlossen und das Gebäude, das ein Stück Ortsgeschichte ist, recht marode.

Das war einer der Blicke, die Dr. Jörg Leuschner einer großen Zahl von interessierten Bürgern in die 27 Jahre gewährte, die von Kriegsende 1945 bis hin zur Gründung der Samtgemeinde Bad Grund 1972 reichten. Denn der Heimat- und Geschichtsverein Badenhausen hatte zu einer Zeitreise in den Sitzungssaal des alten Rathauses geladen, der voll besetzt war. Mehrere Zuhörer mussten sogar die gesamte Vortragszeit stehen.

Mit der Einnahme des Ortes durch amerikanische Truppen begann Leuschner seinen Vortrag. Es war eine Zeit gewaltiger Umbrüche. Badenhausen musste sich in der britischen Zone auf neue, demokratische Wege begeben. Erst einmal wurde alles verboten, die NSDAP und alle Vereine. Erst Ende 1945 wurden demokratische Parteien und Vereine zugelassen. Die Briten strebten eine Demokratisierung von unten an. Im September 1946 fanden die ersten Kommunalwahlen in Badenhausen statt, Wahllisten wurden aufgestellt, auf der für Badenhausen erstmals zwei Frauen standen, es waren Anna Oppermann und Dora Apel (SPD und parteilos), die auch gewählt wurden. Dann folgten Kreistags-, Landtags- und 1949 die ersten Bundestagswahlen. Harte Wahlkämpfe bestimmten das Ringen um die Wählerstimmen. Dabei habe die CDU den wohl verrücktesten Wahlspruch gehabt, der da lautete: „Bauer, willst du eine Kuh, wähl auch du die CDU“.

Eines der Hauptprobleme nach 1945, was die politisch Verantwortlichen in Badenhausen zu lösen hatten, war die Tatsache, dass in Badenhausen noch rund 500 Menschen untergebracht waren, die im Dritten Reich als Arbeitskräfte ins Dorf gebracht wurden, aber auch als Opfer des Bombenterrors aus den Städten nach Badenhausen geflüchtet waren. Schon bald kamen noch Flüchtlinge und Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten hinzu. Es wurde furchtbar eng im Dorf, denn die Neubaugebiete gab es da noch nicht. Schon im Dritten Reich wurden für die ausländischen, vor allem aus Osteuropa stammenden Arbeitskräfte, 18 Gipsbaracken zwischen dem Spielplatz Oberhütte bis hin zum Posthof errichtet. In den 1960er Jahre, nachdem Neubausiedlungen fertig gestellt worden waren, mehr Wohnraum zur Verfügung stand, wurden die Baracken entfernt.

Schrittweise normalisierte sich das Leben in Badenhausen. Feste wurden wieder gefeiert, so 1952 das Schützenfest, die neuzugelassenen oder neugegründeten Vereine entfachten ein tolles Vereinsleben. Außerdem wurden der Sportplatz (1953 eingeweiht), ein Sportlerheim (1958 erbaut) und das neue Schützenhaus (1969-1970 erbaut) errichtet. Die Volksbibliothek wurde 1947 wieder eröffnet.

Leuschner verriet aber auch, dass das erste Kino nach dem Krieg, welches ebenfalls in der Gaststätte Klänhardt eröffnet wurde, für große Aufregung sorgte. Denn da wurde auch der Film „Die Sünderin“ vorgeführt, in dem Hildegard Knef so zu sehen war, wie Gott sie geschaffen hatte. Doch die Zeit des Kinos war bald vorbei, denn der Fernseher hielt Einzug in Badenhausen. Den ersten Fernseher gab es in der Gaststätte „Zur Linde“ in Oberhütte. Den zweiten legte sich Fritz Damköhler zu, dessen Wohnzimmer aus den Fugen zu geraten schien, wenn das „halbe Dorf“ kam, um die Fußballspiele in der Flimmerkiste zu verfolgen.

In „Der Linde“ wurde auch 1962 eine gemeindeöffentliche Sprechstelle mit der Rufnummer 2629 eingerichtet. Die ersten Telefonzellen wurden am alten Rathaus und am heutigen Bürgerpark aufgestellt. Noch machte die Schmalspurbahn, deren Strecke Ende des 19. Jahrhunderts zwischen Osterode und Kreiensen eröffnet wurde und Badenhausen mit der „weiten Welt“ verband, Halt in Badenhausen. Es gab sogar drei Bahnhöfe im Ort. Im Jahre 1967 wurde die Strecke jedoch geschlossen, der PKW-Verkehr machte die Eisenbahnlinie unrentabel. „Heute hätte man die Schmalspurbahn sicher gern wieder“, so Dr. Leuschner.

Mitte der 50er Jahre begann in Badenhausen ein umfangreicher Siedlungsbau, aber auch die Errichtung eines Jugendheimes und der Schule wurden dabei nicht vergessen. Außerdem wurde nach vielem Hin und Her das Badenhäuser Wappen erstellt. Nicht so erfreulich sei die Tatsache gewesen, dass 1955 leider die vor dem Gasthaus Behrens stehende, uralte Gerichtslinde umgeschlagen wurde.

Ein ganz besonderes Ereignis war 1954 der Streik in den Gipswerken gewesen, der auch in Badenhausen stattgefunden habe. Denn auch Roddewigs Arbeiter, die für 48 Stunden rund 350 Mark im Monat erhielten, wollten 13 Pfennig pro Stunde mehr haben. Es kam zum Streik. Doch Roddewig hielt den Betrieb mit Angestellten, Familienmitgliedern und einigen Streikbrechern am Laufen. Durch einen Kompromiss wurde die Lohnerhöhung auf 7 Pfennige festgelegt. Nach dem Ende des Streikes hat Roddewig nicht alle Streikenden weiter beschäftigt. Deswegen streikten die Arbeiter in Badenhausen noch eine Woche länger, allerdings ohne Erfolg.

Auf die Gebiets- und Verwaltungs-Reform im Jahr 1972 zu sprechen kommend, ließ Dr. Jörg Leuschner durchblicken, dass bereits seit den 60er Jahren darüber diskutiert wurde, dass die Vielzahl der Landkreise und der selbstständigen Gemeinden in Niedersachsen nicht effektiv arbeiten würden. Es sollten also, entsprechend dem Weber-Gutachten, Verwaltungs- und Gebietseinheiten zusammengelegt werden. Der Landkreis Gandersheim, zu dem Badenhausen seit Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte, wurde aufgelöst und Badenhausen dem Landkreis Osterode zugeschlagen.

Badenhausen wollte nicht von Anfang an bei der Samtgemeinde Bad Grund mitmachen, sondern sich zusammen mit Dorste, Förste und Eisdorf zu einer Sösetal-Gemeinde zusammenschließen. Da die drei zukünftigen Partner aber absprangen, tauchte die Überlegung auf, sich Osterode anzuschließen. Da diese Stadt aber früher preußisch war und Bad Grund zu Braunschweig gehörte, fiel in allerletzter Sekunde die Entscheidung auf die Samtgemeinde Bad Grund. Im Jahre 2013 erfolgte die Umwandlung der Samtgemeinde Bad Grund in die Gemeinde Bad Grund. Die Eigenständigkeit von Badenhausen sollte Geschichte werden. pb

BILDTEXTE
Dr. Jörg Leuschner war ein sehr guter Reiseleiter bei der Geschichtsreise. Foto: Petra Bordfeld
Gipsbaracke: An dieser Gipsbaracke radeln gerade Greta Bertram und Margrit Kusch vorbei. Foto: Greta Bertram.

Gasthof und Tanke: Der Gasthof Klänhardt mit Tankstelle und Kino. Foto: Klaus Ohm

Johannisbornsiedlung: Ein Blick von oben auf die Johannisbornsiedlung, die in den Jahren 1957 und 1958 erbaut wurde. Fotos: HGV Badenhausen


Der Gasthof Klänhardt mit Tankstelle und Kino

An dieser Gipsbaracke radeln gerade Greta Bertram und Margrit Kusch vorbei

Johannisbornsiedlung: Ein Blick von oben auf die Johannisbornsiedlung, die in den Jahren 1957 und 1958 erbaut wurde.

Dr. Jörg Leuschner war ein sehr guter Reiseleiter bei der Geschichtsreise.

 

Anzeige