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18.11.2019

Stadt- und Kreisvorstand der Göttinger Grünen zur Resolution im Stadtrat


Anlässlich der Resolution im Stadtrat, die die Blockade einer Lesung von Thomas de Maizière im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes als "Angriff auf die Demokratie" bezeichnet, äußern sich Stadt- und Kreisvorstand der Göttinger Grünen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gregor Kreuzer, Sprecher des Kreisvorstands: "Selbstverständlich verurteilen wir das Vorgehen der Blockierenden. Gewalt gegen Personen ist bei allen Formen legitimen Protests abzulehnen.

Der Anlass der Demo, deutlich Position gegen die Türkeipolitik der Bundesregierung zu beziehen, geriet in den Hintergrund, als der Veranstalter des Literaturherbstes bedrängt und angegriffen wurde. Das ist aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen.

Gleichwohl hier nun aber von einem "Angriff auf die Demokratie" zu sprechen, geht zu weit. Wäre De Maizière, Minister a.D., dem die Demonstration galt, nun strukturell und wiederkehrend von Blockaden betroffen, könnte man von einer möglichen Einschränkung seines Rechtes auf Äußerungsfreiheit sprechen. Das ist aber nicht der Fall. De Maizière ist als Bundestagsabgeordneter und ehem. Minister in einer privilegierten Position. Mediale Aufmerksamkeit ist ihm gewiss. Seine Meinungsfreiheit ist nach dem Abend in Göttingen weiterhin unversehrt. Die Blockade war kein Angriff auf die Demokratie, sondern bewegt sich im Spannungsfeld von Äußerungs- und Protestfreiheit. Protest, auch in Form von disruptivem Widerspruch, muss unsere Demokratie aushalten können."

Marie Kollenrott aus dem Stadtvorstand ergänzt: "Der Mythos, die Meinungsfreiheit sei in Gefahr, wird insbesondere von der Neuen Rechten propagiert, allen voran von der AfD. Sie versucht, das Narrativ zu verbreiten, es gäbe so etwas wie eine linke Meinungsdiktatur, weil sie für diskriminierende Äußerungen breiten Widerspruch erfährt.

Dabei greift die AfD demokratische Institutionen an, setzt auf die Verächtlichmachung von Presse und politischer Konkurrenz. Das führt zu politisch motivierter Gewalt. In Göttingen gab es erst vor zwei Wochen einen mutmaßlich rechtsextrem motivierten Brandanschlag auf ein linkes Hausprojekt und zum wiederholten Male Nazischmierereien am Campus der Universität. Es herrscht eine Stimmung der Einschüchterung. Seit Monaten wissen wir um rechte Drohungen gegen demokratische Politiker*innen, auch in Südniedersachsen.

Das ist der eigentliche Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit, er kommt von Rechts. Indem Protest undifferenziert zum "Angriff auf die Demokratie" deklariert wird, leistet der Rat diesem rechten Narrativ Vorschub und verfehlt aus unserer Sicht den Kern der legitimen Kritik am Verlauf der Demonstration.“

Kreuzer und Kollenrott betonen: "Die CDU in Göttingen hat im Rat oft versäumt, Resolutionen gegen Nazis mitzutragen - beispielsweise als ein Mitglied des Kreistags
zuhause von einem rechten Mob bedroht wurde. Dass sie nun diese undifferenzierte Resolution initiiert hat, zeugt von einer einseitigen Perspektive. Wir fragen: Wird die CDU in Zukunft auch Resolutionen gegen Angriffe von Rechts unterstützen? Dass die Grüne Ratsfraktion die Resolution in dieser Form unterschrieben hat, halten wir als Vorstände für unglücklich. Aber in einer Partei darf man sich auch mal uneins sein."

 

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