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02.11.2019

Was tun bei einer depressiven Verstimmung


Familienseminar für Menschen mit Migrationshintergrund in Bad Lauterberg

...von Mareike Spillner - KKHL

„Ich funktioniere nur noch - Alles strengt mich an: Ich fühle mich schlapp und überfordert - Ich möchte in mein altes Leben zurück - Ich bin traurig und könnte dauernd weinen“ - diese oder ähnliche Gedanken können Patienten mit sich herumtragen, die an einer depressiven Verstimmung leiden. Diesem Thema hatte sich am Samstagnachmittag ein Familienseminar für Menschen mit Migrationshintergrund in der Aula der KGS Bad Lauterberg gewidmet.

Organisiert wurde das Seminar mit Kinderbetreuung von Janka Eckhardt, Gemeinwesenprojekt der Johanniter-Unfall-Hilfe, Antje Steinborn, Netzwerk Frühe Hilfen und von Isa Sandiraz, Migrationsbeauftragter des Landkreises Göttingen. Als Referentin konnte Diplom-Psychologin Lale Ciftci von der Uni Kassel gewonnen werden. Sie schilderte als typische Symptome einer depressiven Verstimmung unter anderem Zukunftsängste, unangemessene Schuldgefühle, Schlafstörungen, sichtbare Unruhe, den Verlust von Freude bis hin zu Suizidgedanken. „Diese Gefühle wirken sich natürlich auch auf die Angehörigen aus“, verdeutlicht die Referentin. Und sie ergänzt: „Oft häufen sich Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit, derjenige möchte einfach im Bett bleiben oder kann den Kindern nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenken.“ Häufig erstrecke sich die depressive Episode auf einen Zeitraum länger als zwei Wochen, manchmal über Monate, oft sogar über Jahre.

Je nach Schweregrad sei nicht nur eine Therapie, werde auch über eine medikamentöse Behandlung nachgedacht. „Bei einer mittel- und schwergradigen depressiven Verstimmung ist dies der Fall“, so Lale Ciftci. Sie erklärt weiter: „Depressive Verstimmungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, Frauen haben sie häufig so oft wie Männer.“ Risikofaktoren seien stressreiche Belastungen, lebensverändernde Ereignisse oder das Vorliegen der Erkrankung in der Verwandtschaft. Kritische Lebensereignisse wie der Verlust eines geliebten Menschen durch Tod oder Trennung, Migration, Verlust des Arbeitsplatzes, finanzielle Verluste oder Krankheit würden die Entstehung einer depressiven Erkrankungen begünstigen. „Häufige Beispiele sind auch die Nichtanerkennung einer Berufsausbildung im Herkunftsland“, bringt die Psychologin Beispiele. „Macht es denn Sinn, jemanden mit Verdacht auf eine Depression zu Angeboten mit anderen Eltern und Kindern zu ermutigen?“, stellte Antje Steinborn die Frage. „Es kommt auf den Schweregrad der Erkrankungen an – aber es ist natürlich immer positiv, jemandem die Hand zu reichen“, so Lale Ciftci. „Beginnen sie niederschwellig: Zeigen sie Verständnis, bieten sie ein Gespräch an und verweisen sie auf das Aufsuchen eines Arztes.“

Im Anschluss wurde in gemeinsamer Runde an Fallbeispielen erläutert, wo Hilfen geboten werden und zu finden sind. „Niemand wird mit seinen Sorgen allein gelassen. Es gibt Beratungsstellen, an die man sich wenden kann“, macht Janka Eckhardt deutlich. Welche Beratungsstellen es gibt, kann unter anderem im „Haus der Begegnung“ der Johanniter, gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, erfragt werden. Das „Haus der Begegnung“ ist in der ehemaligen Lutterbergschule, Bahnhofstr. 10, neben dem Jobcenter zu finden. Janka Eckhardt erklärt abschließend: „Das Seminar am Samstag war aufgrund dessen, dass es in anderen Kulturkreisen oft ein absolutes Tabu-Thema ist, erst einmal nur für Menschen mit Migrationshintergrund gedacht.“ Den Veranstaltern ist es aber wichtig, dieses Angebot auch für alle Menschen zu öffnen. Dementsprechend wird es im nächsten Jahr eine Wiederholung bzw. Fortsetzung des Seminars geben.


 

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