Kultur / Rezensionen

19.04.2024

Torten gegen Populismus


„Was Rechtspopulisten fordern“ von Katja Berlin

von Christian Dolle

Seit einigen Jahren erleben wir einen politischen wie gesellschaftlichen Rechtsruck. Populisten verbreiten einfache Antworten auf komplexe Probleme sowie Fake News und Hetze. Bis heute ist es weder der Politik noch den Medien gelungen, dem angemessen zu begegnen, da viele Anhänger sich auch von Fakten nicht mehr überzeugen lassen.

Was aber wirksam sein kann, ist zum einen ein Aufzeigen der populistischen Methoden, wodurch schnell klar wird, wie absurd vieles eigentlich ist, und zum anderen Humor. Ja, Humor. Ein gesundes Verhältnis aus Zynismus und Gelassenheit, weil allzu große Empörung ja leider auch nichts bringt. 

Genau diese Mischung gelingt Katja Berlin in ihren Kolumnen, auf Social Media und in ihren Büchern. „Was Rechtspopulisten fordern“ lautet der Titel ihrer neuesten Veröffentlichung, einem Buch, das nicht mehr als unterschiedliche Diagramme präsentiert. 

Es sind im Grunde kleine Grafiken zu einer präzisen Fragestellung, die nicht mit wirklichen Statistiken, aber mit leider offensichtlichen Wahrheiten arbeiten. So beispielsweise ein Tortendiagramm zu: „Wann wir hören, dass es in Deutschland keine Meinungsfreiheit mehr gibt.“ Darunter ein winziges Tortensegment, dem die Aussage „Wenn Menschen nach feministischen Äußerungen bedroht werden“ zugeordnet ist, ein ebenso winziges Segment zu: „Wenn Menschen nach antifaschistischen Äußerungen beleidigt werden“ und der gesamte große Rest zu: „Wenn Menschen nach diskriminierenden Äußerungen kritisiert werden.“
Ein klares, eingängiges Bild, über das es sich aber nachzudenken und auch zu diskutieren lohnt. Eben, weil es sehr explizit deutlich macht, wie Populismus funktioniert, wie Diskurse verschoben werden und an welchen immer wiederkehrenden Parolen sich Populisten festhalten. 

Ein weiteres Bild zeigt einfach nur einen blauen Kreis. Darüber die Überschrift: „Welchen Repressalien Rechtspopulisten in der ‚linken Meinungsvorherrschaft‘ Deutschlands ausgesetzt sind. Die Farbe Orange stehe für „Sie dürfen nicht in den Bundestag einziehen“, grün für „Ihre Bücher dürfen keine Bestseller werden“, gelb für „Sie werden nicht in Talkshows eingeladen“ und blau steht für „Sie werden kritisiert“. Wie gesagt: nur ein blauer Kreis. 

Diese Diagramme sind pointiert, sie sind sicher auch in Teilen überzogen, doch vor allem drücken sie ohne viele Worte so vieles aus, was in unseren politischen wie gesellschaftlichen Diskussionen schief läuft und eben ganz gezielt in Schieflage gebracht wird. 

Katja Berlin studierte Politikwissenschaft und Medienberatung und schreibt unter anderem für das Handelsblatt, die Berliner Zeitung und die Zeit. Sie veröffentlichte als alleinige Autorin sowie mit Co-Autoren mehrere Bücher und schafft es, komplexe und vielschichtige Aussagen auch für die TikTok-Generation auf den Punkt zu bringen. 

„Was Rechtspopulisten fordern“ ist ein entlarvendes Buch, ohne dabei eine akademische Auseinandersetzung mit dem Thema zu verlangen. Es legt den Finger in so manche Wunde und macht vieles auf einen Blick deutlich, woran andere in langen Erklärungen gescheitert sind. Zu gerne würde ich täglich die Torte des Tages oder sowas von ihr posten, doch dafür gibt es ja ihre Social Media-Kanäle und eben dieses Buch. 


 

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